,, Nee", gibt der andere zur Antwort ,,, das war gestern, heute sind es bis jetzt nur einundvierzig."

Die Zahlen erwecken in uns kaltes Grauen; die meisten von uns halten sie jedoch für Übertreibung und Bangemacherei. Aber sie waren nicht übertrieben. Am nächsten Tag schon erfuhr ich, daß sie wenigstens an­nähernd wahr waren; und das in einem Lager, in dem fast alle Häftlinge zwischen 17 und 50 Jahre alt waren, also in einem Alter, das naturgemäß die geringste Sterblichkeitsziffer aufweist!

Jetzt gehöre ich zu den vier Mann, die in das Geschäftszimmer ein­treten müssen. Ich bin der Dritte. Zahlreiche Schreib- und Bürotische, große Karteikästen, Stahlschränke an den Wänden, Schreibmaschinen, ein großes Hitlerbild, ein Bild von Heinrich Himmler , Scharführer und SS. - Männer bei Büroarbeiten.

Ein Scharführer tritt zu dem Maschinenschreiber, der unsere Perso­nalien aufnehmen will, nimmt eine Akte zur Hand, mustert uns und nennt dann einen Namen. Der Häftling vor mir meldet sich darauf mit: ,, Hier!" Der Scharführer sieht den Häftling mit einem stechenden Blick an, tritt dann auf ihn zu und schlägt ihm unvermittelt die geballte Pranke mit voller Wucht ins Gesicht, so daß der Geschlagene zur Seite wankt. Darüber ist der erste Mann in unserer Reihe derart erschreckt, daß er die an ihn gestellten Fragen des Maschinenschreibers nur leise beantwortet. Jetzt springt der Maschinenschreiber auf, nimmt eine bieg­same Gerte, die er neben sich auf dem Tische liegen hat, schlägt den Häftling brutal rechts und links durch das Gesicht und brüllt ihn an: , Weißt du nicht, daß du hier laut und deutlich zu antworten hast?!"

Die weitere Personalienaufnahme geht ohne Zwischenfall von statten. Als ich gefragt werde, setze ich alles auf eine Karte und brülle meinen Namen mit scharf akzentuierender Stimme. Der Maschinenschreiber ist einen Augenblick verdutzt. Er hat sich regelrecht erschreckt, und schon glaube ich, daß ich es ganz und gar verkehrt gemacht habe, aber er sagt mit bärbeißigem Gesicht nur: ,, Na, so laut braucht das nun auch nicht gerade zu sein", und läßt mich ungeschoren.

Die Aufnahme unserer Personalien ist beendet. Wir stehen wieder auf dem Karachoweg angetreten, diesmal von weniger SS. - Leuten be­wacht, aber die Karabiner und Fettspritzen, die schußbereit gehalten werden, genügen uns auch schon.

Einer der SS. - Männer sagt zu uns: ,, Seht ihr da unten das Tor?" Er weist auf das Lagertor, das wir schon oben vom Gittertor aus gesehen hatten. Es ist ein zweistöckiges Gebäude mit einem Wachtturm und einer Hakenkreuzfahne darauf. Der breite Torgang in seiner Mitte ist

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