die ihr mündlich oder schriftlich zu machen’ habt. Wer es nicht tut, der kann was erleben, denn ich kann euch jetzt schon verraten, daß wir hier einen ganzen Sack voll der lieblichsten Strafen haben. Jedem Befehl ist augenblicklich und widerspruchslos Folge zu leisten. Das gilt sowohl hier bei der Vernehmung als auch im Lager. Ihr werdet im Lager ver- schiedene Schriftstücke auszufüllen haben. Wer sie nicht wahrheits- gemäß oder unzureichend ausfüllt, wer zum Beispiel irgendeine gericht- liche Bestrafung, und wäre sie auch noch so klein, anzugeben vergißt, wird bestraft. Wer sich in die Lagerdisziplin einfügt und alles wider- spruchslossund augenblicklich befolgt, was von ihm verlangt wird, wird in Ruhe gelassen. Wann ihr wieder entlassen werden könnt, hängt zum großen Teil von euch selbst ab. Wir werden euch hier wieder zu brauch- baren Menschen machen, oder ihr sterbt hier. Und das Sterben ist hier nicht so ganz einfach, wie es sich anhört. Das werdet ihr bald begreifen. Ihr werdet einen Zugangsbrief erhalten, durch den ihr euren Angehöri- gen mitteilen könnt, daß ihr hier eingetroffen seid. Mitteilungen über das Lager sind verboten. Ebenso politische Äußerungen jeglicher Art. Auch bei den anderen Briefen, die ihr erhalten werdet, hat sich jeder in der knappsten Form auf das Allerpersönlichste zu beschränken, denn wir haben keine Zeit und keine Lust, uns hier bei der Zensur mit eurem Gewäsch und Geschwätz zu beschäftigen. Jegliches Politisieren im Lager, jegliche Zusammenschlüsse sind strengstens verboten. Wer im Lager eine Beobachtung macht, daß gegen die Lagerdisziplin und unsere Befehle verstoßen wird, hat diese unverzüglich der Lagerleitung mitzuteilen, sonst wird er bestraft. Wer Geld bei sich hat, darf zehn Mark davon in der Tasche behalten. Jeden Pfennig darüber hat er bei der Kassenver- waltung abzugeben. Wer im Lager auch nur mit einem Pfennig mehr angetroffen wird, wird bestraft. Jeder hat bei der Arbeit bis zum äußer- sten fleißig zu sein; wer faul ist, wird bestraft, wer nicht alles bei der Arbeit hergibt, was er hergeben kann, verlängert damit nur die Dauer seiner Haft. Ihr seid hier keine Strafgefangene, ihr seid hier nur„‚Häft- linge“, und was das bedeutet, werdet ihr, wenn ihr es noch nicht wißt, bald erfahren. Ihr seid ehrlos und wehrlos! Ihr seid rechtlos! Euer Los ist ein Knechtlos! Amen.“——
Wir stehen in einer Zweierreihe im langen Barackengang. SS.-Leute, mit Karabinern bewaffnet, bewachen uns. Sie grinsen höhnisch, aber werden nicht tätlich gegen uns. Einer von ihnen sagt zu seinem Kollegen: „Häftlinge! Ein schönes Wort, nicht? Na ja, die Mistvögel werden es schon zu spüren bekommen.“ Darauf erwidert der andere:„Und ob! Du, wieviel sind heute verreckt? Waren es nicht achtundfünfzig?“
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