was man in der ganzen Welt als preußischen Milita­rismus empfindet und instinktiv ablehnt, lebte weiter, nicht zuletzt deshalb, weil die demokratische Republik nicht die Kraft fand, ihn mit Stumpf und Stiel auszu­rotten. Hitler hatte es verstanden, alle mit der Republik und der Demokratie unzufriedenen Kräfte des Milita­rismus in seinen Privatarmeen und militanten politi­schen Organisationen zu sammeln und zu beschäftigen und durch sie auch die offiziellen Organe der Repu­ blik , vor allem die Reichswehr und Teile der Polizei, zu zersetzen. Dieser preußische Militarismus wurde untermauert mit einer wirklichkeitsfremden, völkisch­nationalistischen Ideologie, die ihre Quellen bis auf Hermann den Cherusker und den Sachsenkönig Widu­kind zurückverlegte. Namentlich in der Jugend wurde gleichzeitig der verhängnisvolle Wahn von der Aus­erwähltheit des deutschen Volkes als höhere Rasse und seiner Berufung zur Führung und Neuordnung der Welt genährt. Nationalsozialismus und Rassenwahn­sinn haben in Millionen von deutschen Seelen alles zer­stört, was dort als Erbteil bester deutscher Überliefe­rung lebte und seinen Ursprung vom echten Christen­tum, wahren Sozialismus und den Ideen der Humanität ableitete. In dieser nationalsozialistischen Welt kannte man nicht mehr den Menschen, den Gott nach seinem Bilde geschaffen und mit gleichen natürlichen Rechten ausgestattet hat, sondern nur den weltanschaulich aus­gerichteten, nationalistisch hochgezüchteten Arier, der es als selbstverständlich ansah, alles zu beherrschen, was nicht als seinesgleichen galt, und alles zu vernich­ten, was den Mut aufbrachte, ihm entgegenzutreten. Aus diesem Geist sind die unaussprechlichen Scheuẞ­lichkeiten in den deutschen Konzentrationslagern ge­boren, die Grauen und Entsetzen, Abscheu und Ver­

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