Kilometer vom Lager entfernt, jenseits des Oderkanals, der nördlich von Oranienburg die Gegend durchschnei­det. Der schlechte, mit holperigen Steinen gepflasterte, streckenweise auch ungepflasterte Weg mußte im Eil­tempo in etwas mehr als einer halben Stunde von zirka 3000 Mann täglich zurückgelegt werden. Es war ein Zug von Sklaven, links und rechts von Hunden der SS gehetzt. Man schwitzte, keuchte, stolperte, war fast be­ständig in eine schmutzige Staubwolke gehüllt und buchstäblich fertig, sobald das Ziel erreicht war. Das ging auch Kameraden so, die wesentlich jünger waren als ich. Ich hatte Herzbeschwerden, litt an hohem Blutdruck und zeitweiliger Atemnot bei rascher Vor­wärtsbewegung. Mehrfach mußte ich meine ganze Energie zusammennehmen, um während des Marsches nicht zusammenzubrechen.

Wir arbeiteten in acht bis zehn riesigen Hallen mit Gleisanschluß. Kabel in allen Größen lagen hier in großen Mengen aufgestapelt. Es schien Beutegut zu sein. In meiner Halle mußten wir dünne Kupfer-, Alu­minium- oder Zinkkabel aus ihrer Papier - oder Gewe­beisolierung lösen und bündeln. Es war eine leichte Arbeit, an die sich aber die Fingerspitzen und die Nä­gel, die anfänglich recht schmerzhaft reagierten, erst langsam gewöhnen mußten.

Den An- und Abmarsch hätte ich sicher nicht lange ausgehalten. Da bot sich, wie oft in einer aussichtslos erscheinenden Lage, die plötzliche Möglichkeit, mich von diesem Kommando wieder zu erlösen. Eines Tages wurde von der politischen Abteilung ein SS- Mann zu meiner Arbeitsstelle geschickt, der dort verkündete, ich müsse sofort aufhören, da ich entlassen würde. Ich traute dem Frieden nicht, und in der Tat wollte man mich, wie schon einmal im Alex, nur narren. In der

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