stav Leiẞner jedoch kam bald in Arbeit und verab­schiedete sich von uns.

In dieser Zeit geschah der seltene Fall, daß ein Häft­ling Urlaub nach Hause bekam. Es war Hermann, der in Bremen ausgebombt und dessen Frau verschüttet worden war. Durch Befürwortung der Lagerleitung er­langte er vom Reichskriminalamt einen Urlaub für zwei Wochen, der später auf vier Wochen verlängert wurde. Hermann machte in Berlin Station, spürte mein Büro auf und gab meiner Sekretärin wertvolle Hin­weise für die Zustellung von Nachrichten, die unter Umgehung der Zensur an mich gelangen sollten. Solche Mitteilungen, die mich über den Stand der Entlassungs­bemühungen unterrichteten, gingen mir denn auch in der Folgezeit häufig zu. Auf diese Weise verlor ich auch den Kontakt mit der Außenwelt nicht vollständig. Frei­lich war es kein ganz ungefährliches Spiel. Einmal fiel eine solche Mitteilung in die Hände des SS - Blockfüh­rers, der aber ein Auge zudrückte und mir gestattete, sie zu lesen und das Schriftstück vor seinen Augen zu vernichten. Als Hermann vom Urlaub zurückkehrte, war er voller Hoffnung auf eine baldige Entlassung. Doch glaube ich nicht, daß sie sich erfüllt hat. Möge er wenigstens dem Auflösungschaos lebend entronnen sein! Er war, was immer seine Vergangenheit gewesen sein mag, im Lager ein guter, hilfsbereiter Kamerad.

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