er einen alten Wollappen, der einmal Bestandteil einer Wolldecke gewesen sein konnte. Der Kamerad hatte den traurigen Fetzen als Fuẞlappen von einem entlassenen Kameraden geerbt und wußte nicht, woher er stammte. Ohne eine Erklärung abzuwarten, stürzte sich der Blockälteste auf ihn, schlug ihn blutig und schrie, der Mann habe Sabotage begangen, er werde darüber eine Meldung machen. Was aber auf Sabotage stehe, das werde man wohl wissen. Auf Sabotage stand die Todesstrafe. Wenn im vorliegenden Falle wohl kaum mit einem so schlimmen Ausgang zu rechnen war, so drohte dem Kameraden doch die Versetzung in einen Strafblock oder zu einer Strafabteilung. Erst einem anderen Blockältesten, den ich um Vermittlung gebeten hatte, gelang es, den Tobsüchtigen zu beruhigen und von einer Meldung abzubringen.
Gegenüber dem Verhalten solcher Funktionäre sind die Ausnahmen um so rühmenswerter, denen ich im Lager nicht selten begegnet bin. Auch in der Brust manches asozialen Berufsverbrechers schlug noch ein menschliches Herz. Nicht alle waren schwarze Seelen. Die Verantwortung für all diese Dinge trägt jedoch allein das System, an dessen Spitze Himmler selbst stand. Diese ,, Selbstverwaltung" war ein raffinierter und auch zum Teil geglückter Versuch, den Groll und den Haß der Häftlinge von den wirklichen Drahtziehern abzulenken auf eine vorübergehend bevorzugte und begünstigte Schicht von Häftlingen, die man aber ebenso rücksichtslos fallen ließ, wenn die Umstände es erforderten. So ist während meiner Lagerzeit der Lagerälteste, ein schwer vorbestrafter, aufgeblasener Bursche namens Beyer, ganz plötzlich von seiner Höhe in eine schwindelnde Tiefe gestürzt. Der Mann hatte große Machtbefugnisse. Bei ihm liefen die Fäden der
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