unvorsichtig in ihren Äußerungen waren, Verstöße ge­gen die Arbeitspflicht und die Arbeitsdisziplin began­gen hatten oder bei kleinen Schiebungen und Ham­stereien mit Lebensmitteln ertappt worden waren. Häufig genug handelte es sich auch nur um Opfer von Denunzianten.

Von den vergitterten Fenstern unseres Raumes aus sah man auf eine kleine Grünanlage, die zum Hause ge­hörte. Ihr schloß sich ein jüdischer Friedhof an. Ich beneidete die Toten, die dort unter dem grünen Rasen friedlich ruhten und das Elend verschlafen durften, das uns quälte. Zuerst hatte es den Anschein, als ob wir diese Nacht auf dem Fußboden verbringen müß­ten. Schließlich warf man uns aber doch ein paar alte, verbrauchte Matratzen herein, an denen die Spuren früherer Verunreinigungen noch deutlich sichtbar wa­ren. Dann legten wir uns unausgekleidet nieder. Das Licht, das die Stacheldrähte beleuchtete, die um Haus und Anlage gezogen waren, drang bis in unseren Raum. Draußen brach ein starkes Gewitter die Schwüle der Nacht, die letzte in Berlin .

Am Morgen des 29. August mußten die neun Figuren frühzeitig antreten, aber warten, bis die zeitraubenden Formalitäten der Kanzlei erledigt, Transportmittel und Begleitmannschaften zur Stelle waren. Über das Ziel unserer Fahrt waren wir nicht mehr im Zweifel. Der Wagen fuhr in Richtung Oranienburg . Es war kühl ge­worden. Der Wind pfiff uns in dem offenen Lastwagen mächtig um die Ohren. Unsere Begleitmannschaft be­stand aus zwei Reservewachtmeistern, im Zivilleben kleine Krämer, gutmütige aber beschränkte Menschen, die einen unglaublichen politischen Unsinn erzählten. In Paris , sagten sie, seien die Franzosen eingezogen, sie hätten sich aber gegenseitig gewaltig in den Haaren

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