ganzen zu einer Art Appell zusammenführte. Gnädig verteilte die Lagerverwaltung einige Zigarren und Zi­garetten. Meine Kameraden, die niedergeschlagen im Ulmer Militärgefängnis landeten, suchte ich aufzumun­tern. Die leitenden Männer der Naziregierung in Stutt­ gart , vor allem der damals formell für die Schutzhaft verantwortliche Innenminister Jonathan Schmid, hat­ten eine Heidenangst vor ihren eigenen Radikalinskis, vor der SA und der in der Entwicklung begriffenen Gestapo . Sie brauchten die verschärfte Schutzhaft als weitere Plage für die verhaßten marxistischen Funk­tionäre, um der niedrigen Rachsucht ihres Pöbels eine letzte Befriedigung zu verschaffen. Die Kommentare, mit denen die Nazipresse unsere Überführung nach Ulm begleitete, waren durchaus auf diesen Ton ge­stimmt. Ich behielt aber recht, die Entlassungen setz­ten bald nach unserer Überführung ein.

Die Verschärfung der Schutzhaft bestand im Wesent­lichen in der Einzelhaft. Die Zelle, die mir zugewie­sen wurde, war etwa 6 qm groß. Ihre Ausstattung bestand aus einer eisernen Bettstelle, einem Stroh­sack, zwei Decken, einem Wasserkrug, einem Klosett­eimer und einem Schemel. Für mich war das Allein­sein keine Verschärfung der Haft, im Gegenteil. Keine Minute war in den vergangenen Monaten verstrichen, die nur mir allein gehört hätte. Menschliche Seelen bedürfen jedoch von Zeit zu Zeit der Einsamkeit. Nun konnte ich die Erlebnisse der letzten Monate innerlich verarbeiten. Das Alleinsein wurde zudem sehr gemil­dert durch das Entgegenkommen des Gefängnisaufse­hers, Gneidig war sein Name, der uns gestattete, vom Mittagessen, das schon um 11 Uhr vormittags zuge­teilt wurde, bis zum Eintritt der Dunkelheit auf den Korridoren zusammen zu sein und uns die Zeit zu

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