bitten, er möge ihr alles anvertrauen, seine Pläne, seine Sorgen, seine Hoffnungen und geheimen Handlungen. Denn oft schien es ihr, daß alles leichter zu ertragen wäre, wenn er sein Schweigen bräche. Aber immer wieder schloß ihr im letzten Augenblick ein unerklärliches Gefühl den Mund, so daß sie ihre Bitte oder Forderung nicht aussprach. Es war kein Schwächegefühl, sondern ein inniges Verstehen seines Wesens. Es war seinem Wesen gemäß, das Rechte zu tun und zu schweigen. Er war lange unruhig gewesen, er war eine Zeitlang verzweifelt gewesen, jetzt aber war er ruhig. Sie bezweifelte nicht, daß er seinen gefährlichen Weg ruhig zu Ende gehen werde. Sie durfte ihn nicht beirren. Sie durfte ihn nicht stören.
Der erste Anschlag, der ihm geglückt war, hatte ihn aller Zweifel an seiner Fähigkeit, den Kampf der unterirdischen Organisation zu unterstützen, enthoben. Das Arbeitsfeld, das ihm zugewiesen war, beherrschte er mit unfehlbarer Sicherheit. Der Ausgang war unsicher, aber es war nicht seine Sache, den Ausgang zu bedenken, der nicht von ihm abhing. Seine Aufgabe war es, die Voraussetzungen zu schaffen, die den Sabotageakt ermöglichten. Die Einleitung war sein Ressort; die Durchführung und das Ende lagen in den Händen der andern, der Verbündeten oder, wenn das Schicksal es wollte, der Feinde. Der Beamte, der jahrzehntelang gewissenhaft seine Beamtenpflicht erfüllt hatte, konnte nicht anders denken. Er hatte in dem Befreiungskampf seines Volkes eine bestimmte Aufgabe übernommen, ein bestimmtes Ressort, das begrenzt war wie das Ressort eines Beamten in einem Ministerium oder in jedem andern Amt. Das war eine Erleichterung, die dem pflichttreuen, gewissenhaften Manne die Beruhigung gab, seiner Auf
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