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In der letzten Nacht nationalsozialistischer Herrschaft wurden vierzehn Häftlinge des Berliner Lehrter- Straße - Gefängnisses aus ihren Zellen geholt mit der Versicherung, daß sie frei seien, daß ihre Entlassung jedoch noch in der Prinz- Albrecht­Straße bestätigt werden müsse, wohin sie sogleich gebracht würden. Als die vierzehn Ausgesonderten das Gefängnisportal durchschritten hatten, wurden sie von einer ebenso starken schwarzuniformierten Bewachungsmannschaft übernommen. Nur wenige Schritte wurden die Gefangenen in der Früh­lingsnacht geführt, während sie die befreienden Schüsse der dann wurden sie alle Sieger aus nächster Nähe hörten,

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durch Genickschuß niedergestreckt.

Als man die Toten auffand, war einer unter ihnen, der ein Heft mit Gedichten in seiner Hand hielt. Es war Albrecht Haushofer . Der ihn so fand, war sein eigener Bruder, selbst nun aus der Haft befreit. Die Verse, die er aus des Toten Händen nahm, trugen die Überschrift: ,, Moabiter Sonette". Gefesselt, in der Einsamkeit seiner Zelle, hatte Albrecht Haushofer achtzig Gedichte geschrieben. Mit dem letzten Wissen der Todesnähe durchwandert hier ein ungewöhnlich tiefer und umfassender Geist noch einmal die inneren Sta­tionen seines Daseins. Diese Sonette wölben sich über das ganze dichterische Schaffen des Ermordeten wie eine große Kuppel, in deren Zenit die Liebe zu seiner Mutter steht, und deren weitester, umfassendster Ring sein großer Schmerz über die Todesnot von Volk und Heimat ist.

Der Lebenslauf dieses Menschen war von einem unbeugsamen