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Am nächsten Morgen sind nur noch einige am Leben. Hie und da gelingt es einem Überleben­den dem die gütige Vorsehung durch eine Ohn­macht zu Hilfe kam, sich unter die noch warmen Toten zu verstecken und später aus seinem un­heimlichen Versteck hervorzukriechen, ohne von der SS bemerkt zu werden.

Das gefährliche Klima dieser Festung, welche auf einer Höhe von achthundert Metern erbaut ist, war den Folterknechten oft eine wirksame Unterstützung bei ihren Mordtaten. Nicht ohne Grund wurde der Name MAUTHAUSEN in ,, MORDHAUSEN" umgetauft

DER STEINBRUCH MIT 186 STUFEN:

Der Steinbruch mit 186 Stufen bedeutet für viele Unglückliche eine Todesgefahr. Jeden Mor­gen werden die Gefangenen im Laufschritt die Treppe hinuntergetrieben, ohne ihre Holzpan­tinen dabei verlieren zu dürfen. Unzählige gehen dabei zu Grunde, indem sie das Gleichgewicht verlieren oder der ungeduldige Aufseher sie von der Höhe des steilen Felsenriffes hinunterstößt, sei es noch, daß sie beim Abstieg verunglücken. ( Siehe Photo.)

Am Abend zum Appell müssen die Über­lebenden die Toten auf dem Rücken die 186 stei­len, glitschigen Stufen heraufschleppen mit wunden Füßen, zu Tode erschöpft, unter den drohenden Augen der immer zur Eile antreiben­den Wachen.

DAS ,, RUSSENLAGER":

Die Russen haben wohl am meisten in MAUT­ HAUSEN gelitten, obwohl alle Nationen einen beträchtlichen Anteil Ermordeter zu verzeichnen haben.

Von Maschinengewehren bedroht, werden am 21. Juni 1941 alle Gefangenen nackend in den Hof gejagt. Dreiundzwanzig Stunden hinter­einander stehend, harren sie dort in drückender Ungewißheit ihres Schicksals. Endlich wird ein Bericht verlesen, welcher den Einmarsch der Truppen Hitlers in Sowjet- Rußland meldet. ( Siehe Bild Seite 35.)

Das Lazarett, ein Block von Baracken, wurde von viertausend russischen Offizieren und Solda­ten unter so grausamen materiellen Bedingungen gebaut, daß nicht ein einziger lebend davonkam.

Das Lazarett hat den Namen Russenlager" beibehalten.

HUNGERSNOT UND KANNIBALISMUS IM LAZARETT:

Ein grauenhafter Verwesungsgeruch kenn­zeichnet schon von weitem einige dieser Barak­ken. wo die Fälle von Ruhr und eitrigen Phlegnomen isoliert untergebracht sind.

Es mangelt an allem! Chirurgische Instru­mente sind rar und altmodisch, der Vorrat an Medikamenten und antiseptischen Präparaten ist minimal und wird noch dadurch verringert, daß die Aufseher, die sie in Empfang nehmen, den Äther trinken und mit dem Rest einen schwung­haften Handel treiben.

Die Nahrung ist noch spärlicher als in den Ba­racken der Gesunden und trifft sehr unregel­mäßig ein. Es kommt vor, daß die Juden eine

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