Geistesgegenwart und Kaltblütigkeit bewahrten
mich vor dem Tode. Ich erlebte dort Monate,
wo wir 150—200 Tote im Monat hatten.
Später verstarben dann auch viele Häftlinge
im Winter infolge der schlechten Bekleidung,
durch Krankheiten aller Art und durch Hunger. Die Zahl der durch Mißhandlungen und Mord, durch die berüchtigten Strafmethoden der SS
Verstorbenen mehrte sich von Jahr zu Jahr.
Trotzdem stieg die Lagerbelegschaft fortwährend an Zahl durch die verschiedenen Aktionen der Gestapo .
in fünf„„Notbaracken‘‘ untergebracht. Sie wur- \ 8 den sämtlicher Wertgegenstände beraubt—
“70 von ihnen wurden in der ersten Nacht
durch erlittene Mißhandlungen und Aufregungen wahnsinnig. Einige wurden an Bäume gefesselt, wieder andere an die Gitterfenster der Arrest- lokale. Ohne Wasser und ohne sanitäre Anlagen wurden hier zirka 2500 Mann in eine dieser provisorischen Bretterbaracken gepfercht. Sie
hatten keine Möglichkeit sich auszukleiden, sich - zu waschen, waren meist ohne Eßgeschirr und
konnten so kein Essen empfangen. Es entstand
häufig Panik und allerlei Aufregung bei der
Essenausgabe. Viele von ihnen starben an Nervenzusammenbruch und Erschöpfung, einige Hundert an Typhus .
Nach der Besetzung Österreichs kamen im September 1938 die ersten Ausländer nach „Buchenwald “. Durch sog.‘ Erschießungen auf der Flucht wurden im Steinbruch u. a.„‚liqui- diert‘“ Justizminister und Generalprokurator Winterstein , Gefangenenhaus-Direktor Trum- mer, Heimwehrführer und Generalkonsul Steidle, Major Höffer, Sicherheitsdirektor des Landes Salzburg Bechlie, ferner der Schwiegersohn des ehemaligen Bundespräsidenten Miklas Certes u.a. Der ehemalige sozialdemokratische Reichstags- abgeordnete Heilmann und der kommunistische Schriftleiter Scholem wurden ebenfalls in„‚Bu- chenwald‘ ermordet.
-im Jahre 1939 kamen die ersten tschechischen.
Schutzhäftlinge, darunter auch viele Juden, in das Konzentrationslager„Buchenwald“.
Bei Kriegsausbruch im September 1939 kamen, 2500 Juden aus Wien , von diesen waren einige . Hundert aus Altersheimen herausgeholt worden.
Sie wurden in fünf Zelten auf einem freien
Platz innerhalb des großen Lagers untergebracht.
Hier verblieben sie bei Wind und Wetter, ohne Strohsäcke mit nur einer Decke. Viele waren invalide und kranke Leute. Als Essen bekamen sie nur 150 g Brot täglich, 1, Liter Wasser- suppe und nur selten ein Stückchen Wurst oder Margarine. Innerhalb eines Monats war schon ein großer Teil verstorben. Das Kommando dieses„„Zeltlagers‘‘ hatten die SS -Leute Haupt- scharführer Blank, Hauptscharführer Hinkel- mann, Rapportführer Strippel.„Lager-Ältester‘“ war ein politischer Gefangener namens Fritz Wolf , der unter dem Druck der SS -Leitung nicht viel für diese Ärmsten tun konnte.
Am 16. Oktober 1939 wurden in dieses Zelt-
gepfercht. Es war offensichtlich geplant und später auch bekannt, daß diese alle hier liqui- diert werden sollten— d.h. man ließ sie ver- hungern und erfrieren. In einem besonderen Stacheldrahtkäfig von 30 qm wurden noch
untergebracht. Innerhalb eines Monats wurden unter diesen Umständen alle Heckenschützen bis auf einen sehr kräftigen Mann ausgehungert. Von den 5300 Polen und Juden waren bei Auf- lösung dieses Zeltlagers am 12.. Februar 1940 noch 2000 Überlebende. Es war eine ständige Einrichtung— frühmorgens noch vor. dem Appell kam der Befehl‘durch die Lautsprecher: „Die Leichenträger ans Tor!“
Anläßlich des Attentates im Bürgerbräukeller in München am 9. November 1939 wurden im großen Lager 21 Juden ausgesucht und er- schossen, und dies als Repressalie gegen den „Secret-Service“. Diese Auswahl trafen der Hauptscharführer und damalige Rapportführer Strippel, Hauptscharführer Blank, Schar- führer Chemnitz und Rose und Öberschar- führer Sommer. Aus den sieben Judenblocks wurden 21 Leute ausgewählt und angeblich zu. besonderer Arbeit notiert. Da die meisten nicht wußten, um was es sich handelte, hatten sich auch einige dazu freiwillig gemeldet..... Alle 21 wurden mit Namen, Nummer und Geburtsdatum notiert und aus dem Lager geführt. Im Stein- bruch wurden sie dann so lange mit Steinen gejagt, bis sie zusammenbrachen und dann er- schossen. Anschließend hatten die Juden im Lager drei Tage Essenentzug und Dunkelarrest. Einige Tage später wurde das ganze Lager mit fünf Tagen Kostentzug bestraft und stand acht Stunden in der Kälte am Appellplatz.


