Zuchthaus Brandenburg, den 15. Januar 1945

Liebe Hilla, liebe Kinder!

Große Zeiten bahnen sich an. Eine neue geschicht­liche Epoche bricht über Europa herein. Als Folge des Krieges, der um die Neuaufteilung der Welt geht, steht der Sozialismus. Deutschland wehrt sich gegen diese geschichtliche Notwendigkeit.

Sage unseren Kindern später, wenn schon, denke ich, ein Stück dieses Weges zurückgelegt ist, ihr Vater wurde dafür hingerichtet. Von einem brutalen System, welches sich mit aller Gewalt gegen den Fortschritt sträubte. Von einem System, welches das Menschenleben nicht achtete, nur um des Profites willen. Wenn unsere Kinder größer sind und selber denken können, werden sie erkennen, daß mein Opfer nicht umsonst war.

Wenn erst die Fahnen des siegreichen Proletariats über Deutschland wehen, dann ist der Schritt zum Sozialismus Tatsache geworden. Und dieser Schritt ist nicht mehr fern.

Unsere Kinder werden dann eine Welt mit aufbauen können, die ihrem Vater bei seinem Kampf vorschwebte. Auch das wird noch ein schwerer Kampf sein, von der proletarischen Diktatur bis zur sozialistischen Gesell­schaftsordnung. Es ist die größte Aufgabe, die je die Menschheit gehabt hat. Was ist ein Menschenleben gegenüber der Erreichung dieses großartigen Zieles?

So gehe ich denn aufrecht und gefaßt unter die Guil­lotine.

Euer Vater

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