Meine liebe Gertrud!

Dresden , den 12. Januar 1945

Soeben wurden mir die Fesseln gelöst, um Dir noch­mals ein Lebewohl zu senden. Wir waren alle nochmals zusammen und erwarten heute unser körperliches Ende. Wir sind gefaßt und einer so tapfer wie der andere. Ich wollte, Du könntest uns sehen. Die Traurigkeit haben wir in den Zellen gelassen. Hoffentlich hast Du meinen Brief erhalten, den ich Dir am 5. d. M. geschrieben habe. Ich glaubte schon am 4., daß ich hinuntergeführt würde, und war deshalb nicht wenig überrascht, als ich in Deinen Armen landete und ich Dich nochmals an mein Herz drücken konnte. So vieles hätte ich gern mit Dir be­sprochen, aber in der Überraschung hatte ich keine klaren Gedanken und habe so vieles vergessen, was ich noch mit Dir besprechen wollte. Doch ich glaube, daß Du alles schon selbst richtig machst. Auch hier geht es Tempo, Tempo, so daß ich nicht auf Einzelheiten eingehen kann. Deshalb will ich mich kurz fassen. Bleib gesund und halte den Kopf hoch, so wie wir den Kopf noch so lange hoch­halten, bis die Gewalt unseren Nacken niederzwingt.

An alle herzliche Grüße und ein kräftiges Lebewohl.

Im Geiste bei Dir trotz Hunger

166

Dein Alfred