Zuchthaus Brandenburg, den 13. November 1944
Meine liebe Annegret, meine teure, gute, tapfere Lebenskameradin, lieber Peter, liebe Ulla, liebes Linda- kind.
Nun ist das Ende gekommen. Die doch noch immer bei Euch und bei mir vorhanden gewesene Hoffnung ist nun gescheitert. Euch zu verlassen für immer, ist so unsagbar schmerzlich und schwer und ebenso bitterlich bitter, ja noch stärker und größer wird es für Dich, meine Liebste, sein. Die Zeit, die so gelassen und gleichmütig an allen Veränderungen jeden und allen Seins vorüberzieht, wird auch einmal das erste schlimme und schmerzlichste Weh Euch lösend lindern helfen. Ab 15 Uhr wird das Urteil vollstreckt werden. Ich bin weiterhin ruhig und gefaßt und gehe den letzten Gang in Gedanken daran, wie viele Menschen ihn schon vor mir gehen mußten. Vor meinen Augen werden Bilder stehen von zukünftiger Gestaltung des Menschengeschlechtes, vom Siege der Zukunft, wo über Blut, Angst, Qual, Sorge, Not und Tod eine Freiheit kommen wird, in der die Menschen ohne Gewalt mitein- ander leben werden. Meine Gedanken umkreisen Dich und die Kinder, und ich spüre auch Deine Nähe, meine Liebste. Vor meinen Augen taucht Ihr alle auf. Ich denke an den kleinen und an den großen Peter mit seinen nachdenklichen Gesichtszügen, an Lindas strah- lendes Lächeln, an Ullas stillvergnügte Züge bei ihrer Reifeprüfungsfeier. An Deine lieben, so guten, schmerz- erfüllten Züge bei Deinem letzten Besuch. Ich muß auf- hören.
Dein Liebster
„Niemand hat größere Liebe denn daß er sein Leben läßt für seine Freunde."