Meine liebe Mutter!

Ich bin sehr traurig, daß Du zu allem Unglück, welches Du bereits in Deinem Leben erfahren mußtest, nun auch noch diesen Schmerz erfährst. Was kann ich Dir da nur Tröstendes sagen? Daß in diesem Kriege schon so viele ihr Leben lassen mußten? Und ich wünsche mit aller Kraft, daß Eberhard Dir erhalten bleibt und seine Kinder Dir Freude und Ablenkung geben werden und Ersatz für Dein Kind, das Du jetzt vielleicht bald verlieren wirst. Dieser Gedanke an Dich, liebe Mutter, die ich über alles lieb habe, ist mir überhaupt der schmerzlichste. Sonst trage ich mein Schicksal mit Fassung, wie Du es ja nicht anders von mir erwartest und hege noch die leise Hoffnung, daß das Schlimmste eventuell noch abgewandt werden kann. Und diese Hoffnung sollst Du auch nicht verlieren, liebe Mutter. Nun wünsche ich Dir alles Gute und hoffe, daß es Dir auch unter den augenblick­lichen Umständen nicht zu schlecht geht und Du alles gut überstehst, daß Du für all Dein jetziges Leid später noch einmal ein Entgelt erhältst.

Ich umarme Dich von ganzem Herzen und küsse Dich recht innig, meine liebe Mutter,

Deine Irene

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