Ihr Lieben, liebe kleine Mutti!
Ich komme zu wenig aus einem sorglosen, schönen, glücklichen Leben, als daß das Unglück nun restlos niederschmetternd für mich wäre. Es kommt nicht wie ein Blitz aus heiterem Himmel, sondern in ein Leben, das voller Widerstände, voller körperlicher und seelischer Qual für mich war. Ich fürchte den Tod so, wie ich Gott fürchte, und liebe das Leben, wie man es eben nur als Neunzehnjähriger lieben kann. Aber ich weiß, daß der Tod für mich keine Strafe sein kann.
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Es ist schwer, sein Leben nicht mehr verteidigen nicht mehr darum kämpfen zu können. Das mögt Ihr nun, soweit es irgend möglich ist, tun. Nein, ich bin nicht mehr so hoffnungsfroh, wie ich war, aber ich bin fern der Verzweiflung und ruhig. Und doch: So lange die Sonne mir scheint und ich den Himmel über mir sehe, will ich an das Leben, an mein Leben glauben...
Es ist soweit! Ich bin ruhig, wie noch nie in meinem Leben, und zuversichtlich. Ich wußte es seit Tagen und Wochen, wenn ich es auch vor Euch und mir nicht wahrhaben durfte. Meine Brüder werden das tun, was ich nicht tun konnte müssen es tun.
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Daß ich heute erschossen bin, soll niemandem verheimlicht werden. Überbringt all den Kameraden, die mit mir unter einer Fahne standen, den letzten Gruß. Meinen Körper kann man töten, doch mein Geist wird unter den Kameraden mitmarschieren, wenn einst die Trommel schlägt für eine menschliche Gerechtigkeit. Ich habe gestanden als Mann. Als Kämpfer gehe ich von dieser Welt und reiche all denen die Hand, die für die Sache um die Befreiung Deutschlands und der Arbeiterklasse gefallen sind.
Meine Lieben! Bleibt getrost, wie ich es bin. Ich küsse und umarme meine kleine Mutti!
Peter
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