Meine Gretal
Ich weiß, daß es schwerer ist für Dich, als wenn Du mit mir gegangen wärest, aber ich muß mich freuen, daß Du— ich hoffe es— bleibst, für den Sohn, für alles, was nur in Dir so lebendig ist. Ich fühle es ganz klar vor- aus, ich weiß, wie Du leben wirst, wenn Du wieder in Freiheit bist. Für das, was alle Deine Briefe atmeten. Gern, und für vieles fruchtbar, hätte ich weitergelebt, so sinnlich gegenwärtig ist mir gerade heute so mancher Augenblick mit Dir, mit Euch gewesen, wie es nur sein kann, wenn man den Tod vor sich— und hinter sich hat. Aber der Sinn eines Lebens fließt aus ihm selbst, aus allem, was gewesen ist, wirklich gewesen ist, mit
allem, wofür man lebte und kämpfte. Es war mit Dir,
ich wiederhole es noch einmal, die volle Erfüllung. Wie viele Menschen können von sich aus sagen, daß sie glücklich gewesen sind?
Was noch? Nichts blieb, so wie wir zusammengingen, von dem Größten bis zum Geringsten, ungesagt und un- getan. So war. es, als wir uns zuletzt gesehen, so ist es geblieben. Was noch in diesen Stunden zu sagen wäre, steht in den Briefen an die anderen, ich brauche es nicht zu wiederholen. Falls ich für die Deinen nicht Zeit und Raum habe, sag ihnen, wieviel sie mir, besonders auch Mutters Briefe, gewesen sind und wie glücklich ich bin, Dich ihnen erhalten zu wissen.
Es ist drei Uhr. Kurz, bevor ich gehe, schicke ich Dir meinen letzten Gruß.
Adam