Meine lieben Eltern!

Noch einen Abschiedsbrief in der letzten Stunde. Seit kurzer Zeit weiß ich, daß ich den Abend nicht überleben werde. Die letzten Zeilen und die allerletzten Gedanken und Wünsche gelten Euch. Ich habe ganz und gar abge­schlossen und bin nur noch in Sorge um den Schmerz, den ich Euch gerade vor Weihnachten bereiten muß. Wenn ich wüßte, daß Ihr mir verzeihen könnt und viel­leicht sogar ein wenig stolz auf mich seid, würde ich voll­kommen glücklich sterben.

Ich sehe nichts Tragisches in meinem Ende. Die ganze Entwicklung ist so schicksalhaft verlaufen, sie hing so völlig an Zufälligkeiten und Kleinigkeiten, daß ich sie gar nicht anders als naturhaft über Euch und mich ver­hängt ansehen kann. Ich habe den erhabenen Trost, daß es nicht schlecht enden kann, weil wir den Zusammen­hang des Ganzen nicht kennen.

Mein Leben ist so schön gewesen, daß ich die Einheit der göttlichen Harmonie auch durch meinen Tod hin­durchklingen höre. Ich habe den Antrag gestellt, meine Leiche auszuliefern und ich möchte gern mit meinen Freunden bestattet werden.

Für alles Liebe und Gute bin ich Euch so dankbar. Be­haltet mich in der Erinnerung lieb, so lieb, wie ich Euch immer gehabt habe.

Ich sterbe stark und sicher.

In Liebe

Euer Horst

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