„Wir können hier über unsere Lebensgefahr reden so lange wir wollen“, unterbricht Willi Neurath, ein alter Kölner Genosse, die Erörterungen,„und werden doch nichts ändern.— Wichtiger ist, daß wir uns zunächst über die politische Lage unterhalten. Vor allem ist notwendig, daß wir ein Komitee bilden, dem Vertreter aller Nationa!i- täten angehören. Wir müssen auch die Stimmung der Kri- minellen in Betracht ziehen. Auch unter ihnen gibt es gule Elemente, welche ein gewisses Ansehen genießen. Es wäre falsch, jetzt schon etwas gegen die Grünen zu unterneh- men, so lange sie noch gemeinsam mit der SS die größere Macht darstellen.“
„Gut“, nimmt Erwin Geschonnek den Faden auf,„wir müssen also ein Programm aufstellen und insbesondere auch die verschiedenen nationalistischen Tendenzen bei den Ausländergruppen bekämpfen. Die Russen stellen momentan eine gewisse Gefahr dar. Wenn sie ihren poli- tischen Führern aus der Hand gleiten, muß man Aus- schreitungen befürchten, die sich nicht nur gegen die SS, sondern auch gegen die deutschen Häftlinge richten.”
„Wißt ihr überhaupt“, Hermann wird sichtlich erregt, „unter welchen Verhältnissen die Russen hier hausen? Gestern war Mischka bei uns. Er hat rundweg erklärt, daß er bei nächster Gelegenheit ins Wasser springen wird. Einige Russen haben gestern nacht einen Fluchtversuch unternommen. Mit einer Ausnahme sind sie ertrunken. Der Eine wurde von der Marine aufgefischt und wieder zu- rücktransportiert. Täglich sterben Dutzende und verpesten die Luft im Bananenbunker. Wir müssen unter allen Um- ständen etwas für die Russen tun. Wenn Mischka schlapp macht, dann müssen die Verhältnisse schon nicht mehr menschlich sein.“
„Man muß Michail auf seine revolutionären Pflichten aufmerksam machen“, erklärt der dürre Waldemar,„was heißt hier: ins Wasser springen. Ein Kommunist hat auf
180 2.


