-

tat ich nur meine Pflicht. Manche halten mich heute für zu streng. Ja, in einem solchen Betrieb mußte Ordnung sein. Ich kann aber versichern, daß ich nur die Korrektheit er­strebte, und zwar sowohl bei den Gefangenen als auch bei den Beamten, und Ordnung muß sein, und man kann sie in einem solchen Fall nicht durch zu lockere Zügel halten. Wer sich aber anständig führte, hatte es bei mir gut. Inzwischen werden Sie ja durch die Presse so manches über das Zuchthaus Hameln gehört haben, wohl auch im Rundfunk. Ich war schon auf zwei Prozessen als Zeuge, darüber, daß in den letzten Tagen die gefährlicheren Ge­fangenen vergiftet und notfalls erschossen werden soll­ten. Dieser Befehl kam von der Kreisleitung, die sich alle Macht angemaßt hatte und mich selbst bei Verweige­rung mit dem Tode bedrohte. Es waren fürchterliche Stunden für mich. Ich konnte es abbiegen und brachte die letzten Leute den Herren noch aus den Fingern. Es wären etwa 1000 Personen in Frage gekommen. Der Befehl wäre sehr leicht auszuführen gewesen, viel schwerer war es, ihn zu umgehen. Mancher Politiker würde heute nicht

mehr leben.

Ich möchte ja davon nicht gerne reden, weil Eigenlob manchmal stinkt. Ich bin aber heute so froh, daß ich da­mals die Stärke zum Verweigern aufbrachte. Wenn ich es nicht müßte, würde ich es kaum erwähnen. Nur über eines komme ich nicht hinweg, daß man mich über 1/2 Jahr in politischer Haft festhielt, obwohl ich doch gar nichts an­gestellt hatte. Ich glaube aber, daß das mit den genannten Vorgängen zusammenhing. Ich will versuchen, die Politik von einer höheren Warte aus zu betrachten.

Im Amte bin ich noch nicht wieder, ob ich wieder rein­komme, weiß ich nicht, es kostet einen Versuch. Zur Zeit arbeite ich als Tüncherhelfer in Fabrikhallen bei einem Stundenlohn von 70 Pfennigen. Es ist unter anderem in diesen Fabriken sozial gesehen äußerst interessant. Zwar habe ich als Student schon ähnlich gearbeitet, um meine

141