Nachbarzelle. Der Aelteste, ein über 70jähriger belgischer Professor, kann sich im Zellenleben nicht zurechtfinden und leidet sehr.

Die Haftbedingungen dieser isolierten Gefangenen sind erbärmlich. Sie dürfen nicht schreiben oder Post empfan­gen. Jede Vergünstigung ist ihnen versagt. Sie erhalten kein Bettzeug mehr. Der Barbier muß sie alle 14 Tage mit der Haarschneidemaschine rasieren, angeblich wegen Seifenmangels. Kurzum, alle Schikanen werden auf NN losgelassen.

Walter ist ihr Vorarbeiter. Bald hat er persönliche Ver­bindung angeknüpft mit einigen NN- Führern. Wir starten eine Kampagne für eine menschenwürdige Behandlung die­ser politischen Gefangenen.

Der Hilfswachtmeister Dörries, SA- Mann, versucht, Ende 1943 im Zellenflügel das Prügeln einzuführen. Er wurde von uns beobachtet. Alsbald findet im Zimmer des Werkmeisters eine Konferenz statt, in der Walter nach­drücklich auf die Nachkriegsfolgen für uns Deutsche ins­gesamt hinweist.

Schon tauchen damals auch bei uns die Gedanken der Kollektivschuld auf. Der Werkmeister zögert keine Minute. Dörries erhält eine scharfe Verwarnung, kommt zur Strafe auf den Hof und wird im Zellenflügel nicht mehr gesehen.

Auf Außenarbeit!

Könnt ihr euch vorstellen, Freunde, wie mir zumute ist? Wie trinkt der bleichsüchtige Körper die Sonne? Wie freuen sich die schlapp gewordenen Muskeln über die Be­tätigung. Wie behaglich verdaut der anspruchslose Magen das erste ,, Zivilessen"!

Du siehst die ersten Frauen herumlaufen, auf den Straßen: Sind das Wesen aus dieser Welt? Nein, es sind Abgesandte des Himmels. Sie laufen nicht sie schreiten daher. Sie lächeln dich an, graziös ist jede ihrer Be­

wegungen.

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