Der Beamte dreht sich um und geht. Stöhr fliegt in sein Büro. Er ist außer sich. In einer Stunde geht die Kunde
von Mund zu Mund.
Nachmittags treffe ich ihn, unsern alten Schachtmeister. Es ist einer von denen, auf die wir uns verlassen können. „Wie war's denn heute morgen?" erkundige ich mich.
Er erzählt mir den Vorgang. Er ist ein bescheidener Mann, der keine Heldentaten aus seinem Kampf mit dem Chef macht. Ich persönlich bin der Meinung, daß er mehr Tapferkeit an den Tag legte, als mancher ordenge- schmückte Held, der seinen Mut auf Befehl von oben leuchten läßt.
„Nun, und wie ging die Sache aus?” forsche ich weiter.
„Nach einer halben Stunde schickte er mir den Kalfak- tor mit einem Zettel“, berichtet er schlicht.„Da stand drauf, ich möchte so freundlich sein und zu ihm kommen. Nun, dann bin ich hingegangen. Dann sagte er, er sei halt aufgeregt gewesen. Und dann hab ich das gleiche gesagt — es hat ja auch gestimmt. Nun, und zum Schluß stand er auf, gab mir die Hand und sagte: ‚Alsdann, Herr Hölscher, geben's mir Ihre Hand, alsdann wollen wir uns wieder vertragen.‘
Ich drücke ihm unsere wärmste Sympathie aus, und er
freut sich. *
„Was heißt NN?" fragte Walter unsern Freund Onkel Luis, als die Neuankömmlinge im Zellenflügel unterge- bracht waren.
„Tja“, meint Onkel Luis nachdenklich,„das wird wohl heißen: Nazi-Nachfolger!“
Zweifellos traf er den Nagel auf den Kopf. Die zwei- hundert Zugänge, die in allen Listen das Zeichen NN er- hielten, waren belgische und französische Freiheitskämpfer, die bei uns als Gäste in Schutzhaft sind. Der jüngste, der Schüler Andr&— 16 Jahre— war der erklärte Liebling aller Kalfaktoren. Sein 18jähriger Bruder sitzt in einer
135


