Inzwischen verschlechtert sich unsere eigene Lage unaufhaltsam. Das Essen wird weniger, die Arbeitszeit länger, die Pensen werden erhöht, die Briefzensur ver- schärft sich, Hausstrafen wegen geringfügigster Vergehen werden erhöht. Gefangene, welche gemeinschaftlich eine Zelle bewohnen, erhalten Sprechverbot— die ganze Wucht eines terroristischen Strafvollzugs lastet immer unerträg- licher auf uns.
Das Jahr 1938 ist das schwerste Jahr des politischen Gefangenen...
Wie ein Blitz aus heiterem Himmel trifft diese Meldung das deutsche Volk. Uns trifft sie nicht unvorbereitet.
Fieberhaft verfolgen wir die Ereignisse. Dann be- schließen wir, zu handeln.
Jetzt gilt es, Bewegungsfreiheit zu bekommen— und zwar um jeden Preis, Heraus aus dem Zellenflügel, auf Biegen oder Brechen!
Tünnes gelingt es als erstem, auf einen Tütenklebersaal im Vorderhaus zu kommen: er war herzleidend und bekam in letzter Zeit öfters Anfälle auf seiner Einzelzelle. Erich Willeck siedelt in die Tischlerei über. Bald folgen Her- mann Volz und Paul Kozielski nach. Unsere SPD -Genossen in den Betrieben bemühen sich nach Kräften, uns aus der Einzelhaft herauszuholen.
Ich selbst werde für die Waschküche vorgeschlagen. Der Arbeitsinspektor lehnt ab.
Unruhige Wochen folgen, dann geht eines Tages die Meldung durchs Haus:
Der Krieg ist ausgebrochen!
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