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Es war ein denkwürdiger Gottesdienst.

Aus früher Jugend gewohnt, vor der Predigt die luthe- tische Liturgie zu hören, traue ich meinen erschrockenen Ohren kaum, als an Stelle der drei Glaubensartikel und des Wechselgesanges von Pfarrer und Gemeinde ein mar- kiges Zitat von Walter Flex (demWanderer zwischen zwei Welten) deklamiert wird, während vom Chor vier- stimmig der Deutsche ChristenchoralIch hab mich er- geben mit Herz und mit Hand..." erschallt.

Ich erwarte nun mit Bestimmtheit, daß Herr Bormann mit dem Schwert gegürtet die Kanzel betritt. Doch vor- läufig behaupten für die Predigtdekoration noch die Bäffchen das Feld.

Wir konstatieren: ein Kirchenbesuch spart zwei Seiten Kassibertext, denn wir können nebeneinander sitzen und in den Pausen bequem flüstern.

Wir beschließen, von nun ab die Kirche regelmäßig zu besuchen.°

Bald wird sich ein Murren im Bau erheben.Seht sie euch an, die Herren Funktionäre, jetzt rennen sie in die .Kirche, um sich beim Pfaffen anzubiedern und die Genossen haben gewissermaßen nicht unrecht. Denn es gibt keinen Mann im Zuchthaus, der stärker verhaßt wäre als Bormann. Er ist verantwortlich für jede erdenkliche Brutalisierung des Strafvollzuges, unnachsichtig erzwingt er eisernste Disziplin. Oft sieht man kriminelle Gefangene tränenden Auges aus seinem Zimmer schleichen, während drinnen unter dem Kruzifix das Kanzelorgan donnert: Sie haben noch viel zu wenig bekommen, Sie alter Sitten- strolch, scheren Sie sich heraus und lassen Sie sich nicht mehr bei mir blicken!

Aber wir nehmen das üble Odium auf uns: Gegenwärtig ist es nicht an der Zeit zu demonstrieren. Wir haben um jeden Schritt Bewegungsfreiheit zu kämpfen.

Und wenn ich drei Jahre später auf der Heldentafel des Zuchthauses unter die lange Reihe der kriegsgefallenen

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