Glanz auf. Sie streckt mir beide Hände entgegen, drückt meinen Kopf an sich und flüstert mir ins Ohr:
,.Erst sag mir einmal, glaubst du an den Frühling der Völker?"
Staunen und eine unsagbar tiefe Ergriffenheit bemächtigt sich meiner...
,, Ich glaube daran", sage ich unter Tränen.
,, Glaubst du an den Sieg der Weltrevolution und an die totale Vernichtung des Faschismus?"
,, Ich glaube daran", wiederhole ich, wie einen Schwur.
,, Ich freue mich sehr, dich kennenzulernen, mein Kind", sagt sie noch. ,, Sicherlich kannst du irgendein Gedicht von Wladek auswendig. Sag mir doch eins auf, gerade jetzt verlangt mein Herz so sehr danach."
Wir unterhalten uns im Flüsterton, hastig, um nichts zu vergessen... Von Jadwiga, vom Pawiak, schnell flüstere ich ihr noch einige Verse ins Ohr, denen sie mit Tränen in den Augen lauscht. Dann erzählt sie mir flüchtig noch aus ihrem Leben, von ihrer letzten Rede auf einer Kundgebung am 1. Mai, von den Demonstrationen in der Zeit um 1905, von den damaligen Kämpfen des Proletariats. Dabei leuchten ihre Augen voller Glut und Begeisterung erzählt sie aus ihrer Vergangenheit, und man vergiẞt ganz ihre zweiundsiebzig Jahre.
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Unerbittlich rinnen die Minuten, es ist höchste Zeit, aufzubrechen, ich muß in meine Baracke zurück. Das Abschiednehmen fällt mir furchtbar schwer. Wir beide fühlen, daß wir in diesen wenigen Minuten eine teure Freundschaft geschlossen haben. Noch einmal drückt sie meine Hand und sagt zum Abschied:
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