auf die einzelnen Körperteile zu sein, auf die sie singend zei­gen. Der Aufseherin steigt selbst die Schamröte ins Gesicht, und ihre Augen glänzen. Der SS- Mann an der Tür lacht vor Seligkeit.

,, Mama S." bedeckt ihre Augen mit den Händen. Jetzt ver­stehe ich ganz deutlich, was sie halblaut vor sich hinspricht: Wer unter dem Schirm des Höchsten sitzt... dem wird kein Übel begegnen. Auf Löwen und Ottern wirst du gehen und treten auf junge Löwen und Drachen."

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Unverhofft tritt aus unserem Kreise eine alte polnische Zigeu­nerin heraus, zum Skelett abgemagert, schwarz wie der Teu­fel, mit gespensterhaft hervorstehenden Haarbüscheln, und schon dreht sie sich zum Takt des deutschen Liedes im Ko­sakentanz. Wie in einem Rausch und Freudentaumel singen die Deutschen noch lauter und klatschen im Takt in die Hände. Immer schneller, immer wilder dreht sich die Alte in kauernder Stellung um ihre Achse, und ihre hängenden, häß­lichen Brüste fliegen im Takt wie tragikomische Gebilde mit. Schließlich fällt sie wie ein tanzender Derwisch regungslos zu Boden. Ist das ein Hexensabbat, frage ich mich, Traum oder Wirklichkeit? Ich schaue mich um und bemerke bei der einen oder anderen sogar ein Lächeln.

,, Raus, los, schnell!"

Wir gehen hinaus. Und wieder marschieren wir die Lager­straße entlang zu dem Bassin. Mit Stangen fischen wir aus einer bläulichen Flüssigkeit unsere Decken und Kleidungs­stücke heraus. Die nassen, verdreckten, mit Schlamm bedeck­ten Sachen tragen wir bis zu unserem Block. Erst auf unse­rem Höfchen dürfen wir sie auswinden und zum Trocknen

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