Halte Schritt, Kamerad, verlier nicht den Mut. Wir tragen den Willen zum Leben im Blut Und im Herzen, im Herzen den Glauben.

Sie singen, sie arbeiten, sie sterben.

Die ersten Juden treffen ein. Sie bekommen schwarze Markierung. Von der Lagerleitung werden sie als Arbeitsscheue bezeichnet. Die meisten sind Rechtsanwälte und Aerzte aus Berlin . Sie sollen im Lager das Arbeiten lernen, so sagt die Lagerleitung.

Wir müssen bald feststellen, daß der Druck der Lagerleitung auf die politischen Häftlinge etwas nachläßt. Das kommt daher, daß es nun die Juden sind, auf welche von jetzt ab in erster Linie das Interesse der SS gerichtet ist. Die Arbeitszeit wird grenzenlos aus- gedehnt, die sadistischen Quälereien an den Juden übertreffen alles, was wir bisher sahen. Sie fangen an zu sterben. In einer Rundfunk- rede von Dr. Goebbels hören wir einige Sätze, welche sich auf Buchenwald beziehen. Er sagt:Eine englische Zeitung schreibt, daß in einem Konzentrationsläger bei Weimar im Juni über 40 Juden gestorben sind. Sie hätten von früh bis spät arbeiten müssen. Da sind die Juden wohl an der Arbeit gestorben?

Diese Todesopfer der Nazigrausamkeit verhöhnt Dr. Goebbels also noch in zynischer Weise. Es ist wieder das Bekenntnis der Staats-

führung zu Mord und Verbrechen. Die Zahl der zu Tode gebrach- ten Juden betrug im Juni in Buchenwald nicht 40 sondern 70.

Häftlinge sterben, andere Häftlinge kommen. Unter den Zugängen sind jetzt regelmäßig Juden zu sehen. Viele der neuen Häftlinge packt das Entsetzen angesichts dessen, was sie hier sehen und er- leben. Es kommt häufiger vor, daß sich einzelne Häftlinge verstecken in dem Glauben, flüchten zu können. Sie werden gesucht und ge- funden. Das ganze Lager muß suchen helfen. So lange der Vermißste nicht gefunden wird, werden Repressalien gegen die-Gesamtheit an- geordnet und durchgeführt. Wird der Häftling lebend gefunden, ist er von den Schlägen, Stößen und Tritten, an denen sich auch ver- kommene Lagerinsassen beteiligen, fast tot, bevor er bei der Lager- leitung ankommt oder dem Lagerführer zu Füßen gelegt wird.

Rührt er sich nicht mehr, dann wird sein Tod mit der Reitpeitsche oder mit Fußtritten festgestellt. Die letzte Konsultation ist ein Eimer Wasser, der über den Toten gekippt wird. Zuckt er nicht, so bedarf es keiner weiteren Feststellungen mehr. Dann geht die Reise nach dem Totenschuppen.

Ich habe hier noch über einige Vorkommnisse zu berichten als Be- weis für die Entartung der Verbrecher und zur Illustration der Ver- hältnisse im Lager.

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