gelenke. ,, Ein wen'g Blumen drauf", hatte Rödl angeordnet, die Handgelenke mit Blumen verdecken lassen.

,, Die ganze Welt soll mich hören", hatte Paul Schneider seinen Hen­kern gesagt. Nun, seine Stimme nicht mehr, und wenn ich dieses schreibe, dann erfülle ich für meinen Teil die Aufgabe, dazu bei­zutragen, daß die ganze Welt ihn hören soll, ihn, den Märtyrer seiner religiösen Weltanschauung, als einen Ankläger gegen das größte Verbrechen am deutschen Volk und der Menschheit, mahnend und richtunggebend für die kommende Welt. Er starb im Kampf gegen die Teufel, er kämpfte für das Gute, seine Gottheit, um damit der Menschheit zu dienen.

Vier Wochen sind seit der Flucht der beiden Häftlinge Bargatzki und Forster vergangen. Im Lager, in der Nähe des Tores wird ein Galgen errichtet. Der flüchtige Häftling Bargatzki, an der Nieder­schlagung des Rottenführers Kalweit beteiligt, ist ergriffen und wird in Weimar abgeurteilt werden. Die Verhandlung soll in den näch­sten Tagen vor einem ,, ordentlichen" Gericht stattfinden, dabei ist das Todesurteil schon im Voraus gefällt, denn der Galgen ist schon vor der Verhandlung, von Zimmerleuten fachlich ausgeführt, errich­tet. Die Hinrichtung soll ein Schauspiel werden. Zehn Treppenstufen führen zu dem Podium, auf dem der Hinrichtungsvorgang, von allen Seiten gut sichtbar, sich abspielen wird. Es ist Pfingstsonnabend um 4 Uhr. Eine Stunde früher ist heute geweckt worden, und um 6 Uhr soll die Hinrichtung sein.

Wir müssen antreten. Der Galgen steht in der Nähe des Tores. SS rückt mit schweren Maschinengewehren ins Lager, um am Tore und im Hintergrund des Galgens, die Mündungen ihrer Waffen auf uns gerichtet, Aufstellung zu nehmen. Die SS trägt Stahlhelm, und die ganze Positur der Lagerleitung und der SS trägt den Stempel und das Gepräge eines Festtages.

Es ist grausige Stille. Dann wird Bargatzki, der Todeskandidat, von der SS zum Tore hereingeführt und von zwei Häftlingen, die von dem Lagerkommandanten Koch als Henker bestimmt worden sind, zum Galgen geführt. Bargatzki ist schwer gefesselt. Die beiden Hen­ker führen ihn die Stufen hinauf und stellen ihn an die Stelle, an welcher ein Strick vom Galgenbalken herunterhängt.

Nun fängt eine häßliche Stimme im sächsischen Akzent, die Stimme des Staatsanwaltes, an, das Urteil zu verlesen. Ein Nachsatz lautet: ,, Der Führer hat das Gnadengesuch abgelehnt und in Anbetracht der Gemeinheit des Verbrechens den Tod durch den Strang angeordnet!" Dann ruft der Lagerkommandant Koch: ,, Hängt ihn!" Jetzt klettert einer der beiden Henker, der kriminelle Häftling Rich­ter, ein ehemaliger Sturmführer der SA, auf den Galgenbalken, legt den Strick formgerecht in die Aufziehvorrichtung, klettert wieder herunter, legt die Schlinge um den Hals des Todeskandidaten, und

17