gestellt. Die umliegenden Dörfer, die bisher die Stadt Weimar beliefert hatten, bekamen von den Militärbehörden den Auftrag, Eier, Butter und Fleisch jetzt nach dem Konzentrationslager vor allem für die Kinder und Kranken zu bringen. Zum erstenmal gab es im Lager reichliches und schmackhaftes Essen. Die Kranken und Kinder wurden aus den Elendshütten des Kleinen Lagers in die SS - Kasernen gebracht, wo das amerikanische und internationale Rote Kreuz ihre Pflege übernahm und Schutzimpfungen gegen Infektionskrankheiten durchführte. Diese Hilfe wurde allen Lagerinsassen ohne Unterschied der Nation, Rasse oder Weltanschauung gewährt.
In der Stadt Weimar gingen amerikanische Militärpolizisten von Straße zu Straße, bestimmten von jedem Haus einen Mann oder eine Frau: ,, Ihr sollt euch morgen Buchenwald ansehen." Auf der Straße von Weimar nach Buchenwald , die schon so manchen Elendtransport gesehen hatte, kam wieder eine Kolonne marschiert. Es wurde diesmal niemand beschimpft oder geschlagen, die amerikanische Militärpolizei war korrekt und ruhig, aber auch unerbittlich: ,, Ihr sollt nur sehen, alles sehen." Und sie sahen die kranken, abgemagerten Gestalten, die 3-4jährigen Kinder in Gefangenenkleidung, die dreckigen überfüllten Unterkunftsbaracken, das Krematorium und das Massengrab. Nur wenige unserer Zwangsbesucher vermochten ihre kalten, abweisenden Mienen beizubehalten, die meisten waren angesichts des Geschauten tief erschüttert. Und sie brachten jene Entschuldigungen vor, die wir seither noch so oft gehört haben.
,, Das haben wir nicht gewußt"
Ist es wirklich wahr, daß das deutsche Volk nichts gewußt hat von den Verbrechen, die in den Konzentrationslagern begangen wurden? Zugegeben, den ganzen Umgang der unvorstellbaren Schandtaten haben nur wenige gekannt. Aber daß in den Konzentrationslagern weder Gesetz noch Recht, sondern nur die brutale Willkür der SS und Gestapo galt, das war überall in Deutschland bekannt. Man wußte, daß Menschen ohne gerichtliche Untersuchung, ohne Verteidigungsmöglichkeit und Richterspruch hinter dem Stacheldraht verschwanden. Haben. nicht auch in Württemberg die großen und kleinen Nazibonzen so manchem gedroht: ,, Dich bringe ich nach Dachau !?" Haben nicht
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