losen auf die Loren aufladen ließen und auf dem Berg dann solange mit Wasser begossen, bis sie wieder zu sich kamen. Danach gingen die Schikanen weiter. 16- bis 18jährige Lausbuben in SS- Uniform verhöhnten alte Männer, Arbeiter und andere Werktätige, deren ganzes Verbrechen darin bestand, daß sie keine Nazis waren. In den Jahren 1937 bis 1939 sind fast alle Häftlinge, die nicht eiserne Naturen waren, umgekommen. Bei Regenwetter hing der aufgeweichte Lehmboden klumpenweise an den durchnäẞten Schuhen und erschwerte das Gehen. Gerade an solchen Tagen mußten die Gequälten im Steinbruch Laufschritt machen. Jeden Abend fast hieß es im Lager: ,, Heute ist es im Steinbruch wieder schwer rundgegangen, es ist zum Wahnsinnigwerden. Heute haben sie wiederum fünf Mann umgelegt...“ Immer unerträglicher steigerten sich unsere körperlichen und seelischen Qualen. Am 30. September 1937 flüchteten zwei kriminelle deutsche Häftlinge. Einer davon hieß Floh, der zweite ist mir unbekannt. Wir hatten den ganzen Tag schwer gearbeitet. Nach Arbeitsschluß mußte das ganze Lager antreten und die ganze Nacht und den folgenden Tag ohne Essen auf dem Appellplatz stehen. Wer sich rührte, bekam Knüppelhiebe. Die Wut der SS steigerte sich umso mehr, als sie auch Dienst machen mußte, um die Geflüchteten zu suchen. Am nächsten Tag, mittags um 2 Uhr, hieß es abrücken. Alles legte sich ermüdet in die Betten. Kaum hatten wir uns hingelegt, da wurden 50 politische rückfällige Häftlinge von dem Blockältesten Dylewski geweckt. Wir mußten sofort arbeiten gehen. Alle hatten eine leise Ahnung. Mit zusammengebissenen Zähnen unter andauernden Kolbenschlägen der SS, verrichteten wir unsere schwere Arbeit im Laufschritt. Wir schleppten Betten und Matratzen in eine der bereits erbauten Kasernen. Am 1. Oktober bebte erneut das gesamte Lager. 1600 deutsche Häftlinge, davon 1000 politische und 600 kriminelle in Ängsten. Ein Mann war geflohen, Weinreiter aus Kassel . Er hatte schon etwa zehn Tage vor dem Fluchtversuch versucht, sich die Pulsadern durchzuschneiden. Das miẞlang. Nach dem Einrücken standen wir bis 23 Uhr auf dem Appellplatz. Am nächsten Tag mußten wir das Gelände nach dem Flüchtling absuchen. Wir fanden den Kameraden natürlich nicht. Kommandant Koch drohte uns fürchterlich: ,, Heute nacht sucht die SS, wehe euch Drecksäcken, wenn man ihn findet." In der Nacht zum 2. 11. wurde tatsächlich Weinreiter von der SS aufgegriffen, sofort ermordet, und am 2. 11, morgens, auf dem Appellplatz in gänzlich verstümmeltem Zustande, der Kopf war eine einzige blutige Masse, zur Abschreckung aufgebahrt.
Zu erwähnen ist noch, am 1. November wurden wir vom Suchen nach dem Flüchtling um 12 Uhr 30 ins Lager zurückgerufen. Auf dem Appellplatz angetreten, wurden drei Häftlinge herausgerufen. Der Kommunist Oskar
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