Schon einige Tage vor dem 31. Juli 1937 ging das Gespräch herum, daß wir in ein neues Lager kommen sollen. Das Konzentrationslager Lichtenburg würde anordnungsgemäß aufgelöst. Mehr konnte man nicht erfahren. Die üblichen Gestapomethoden, Ungewißheit als eines der Mittel zur Zermürbung aller Antifaschisten und ,, Staatsfeinde". Frühmorgens 4 Uhr, am 31. Juli 1937, wurden 600 Häftlinge, alles Deutsche, davon ca. 200 sogenannte Berufsverbrecher, zum Transport aus ihren Elendsquartieren herausgetrieben. In vollständig verdeckten Lastkraftwagen wurden wir unter Fußtritten ein­geladen. Drei SS- Banditen am Führersitz und drei am Ausgang des Autos hielten Wache mit Maschinenpistolen und Handgranaten. Jede Unterhaltung während der Fahrt war verboten. Ebenfalls das Wenden des Kopfes nach den in der Plane vorhandenen Zelluloidfensterchen. So mancher hat wegen seiner Keckheit, doch ein wenig von der Landschaft zu erspähen, Rippenstöße und Genickstöße mit dem kalten Lauf einer Pistole erhalten.

Nach sieben Stunden Fahrt kamen wir auf dem Ettersberg an. Dort be­fanden sich bereits ca. 300 Häftlinge, meistens Kriminelle, aus Sachsenburg und einige aus Sachsenhausen. Am Eingangstor wurden wir von dem be­rüchtigten Rapportführer Hackmann( genannt ,, Jonny") und dem damaligen 1. Lagerführer Weiseborn( genannt ,, Eisbär") in Empfang genommen. Kameraden, die in ihrer Not sofort auf die Seite traten, um auszutreten, wurden von den SS- Banditen buchstäblich zusammengeschlagen. Die Emp­fangsrede hielt der Eisbär. Man hörte: ,, Es ist verboten, es ist untersagt, es wird erschossen, hier befindet ihr Drecksäcke euch in einem Aufbaulager, hier wird gearbeitet, wie ihr das nie im Leben getan habt. Die Tages­einteilung bei uns hier ist folgende: Um 1/24 Uhr morgens ist Wecken, eine Stunde nachher nach dem Morgenappell ist Ausrücken zur Arbeit. Von 12 bis 13 Uhr Mittagspause mit Einnehmen des Mittagessens im Lager. Dann wird wieder zur Arbeit ausgerückt. Bis 8 Uhr abends, sonntags wird bis 13 Uhr gearbeitet, und am Nachmittag ist Flick- und Putzstunde. Wer sich den Anordnungen der SS widersetzt, oder wer versucht, zu flüchten, wird erschossen. Merkt euch dieses, das geht bei uns automatisch." Und nun begann für uns das Höllenleben. Was wir als bereits aufgebaut antrafen, war eine Revier- und Häftlings- Wohnbaracke. Ringsum war noch wilder Buchenwald. Für die SS- Banditen standen bereits drei Baracken und für den Kommandanten. SS- Standartenführer Koch, den berühmten hinter­hältigen Mörder und hochmütigen Sadisten, mit seinem Stab ebenfalls eine Baracke. Um die Häftlingsbaracken war ein provisorischer Stacheldrahtzaun errichtet. Von Betten und Strohsäcken war die ersten zwei Wochen nichts zu sehen. Wir schliefen auf dem blanken Holzboden. Wasser fehlte gänzlich. An Waschen war nicht zu denken. Es reichte kaum für die Küche zum Essenkochen.

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