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DER PROZESS

menter und unter russischer Führung! Im Grunde ist doch auch kein großer Unterschied zwischen ‚Hurra und ‚Hurr&! Und warum wir hier noch Krieg führen, weiß sowieso kein vernünftiger Mensch. Dat is auf die Dauer nicht bekömmlich, sagt er im breitesten rheinischen Platt.

Der Posten treibt uns aus dem Waschraum. Auf dem Weg zur Zelle frage ich noch rasch nach dem Kameraden, der heute früh erschossen worden war.Ein politischer, kann mir G. noch zuflüstern,ein ruhiger, anständiger Mensch, Familienvater, Kaufmann irgendwo aus West- falen. Er hätte durchkommen können, wenn er geschıck- ter gewesen wäre. Aber er hat sich bei der Vernehmung durch die üblichen Sprüche des Untersuchungsrichters. der von Ehre und Gewissen sprach, dumm machen lassen und alles zugegeben, weswegen ihn ein Denunziant von der braunen Farbe hereingeritten hatte. Auch einen Verteidiger hat er sich nicht genommen, weil der Unter- suchungsrichter das nicht für nötig hielt. Das Kriegs- gericht hat dann seine anständige Haltung anerkannt und ihn zum Dank zum Tode verurteilt.

Diese politischen Gerichte müssen ja auch ‚Erfolge haben, wenn sie befördert werden wollen, fügt er sarkastisch hinzu. Dann werden wir getrennt, die Zellen- tür schließt sich hinter mir.

Während ich langsam die zwei Scheiben trockenes Brot, die der Wärter inzwischen mit einem Blechgefäß lau- warmen Kaffee-Ersatz auf den Tisch gestellt hatte, zer- kaue und, den Rat meines neuen Bekannten H. befolgend,

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