NACHTLICHE STIMMEN

Langgestreckt auf meiner Pritsche

starre ich auf die graue Wand.

Draußen geht ein Sommerabend, der mich nicht kennt,

singend ins Land.

Leise verebben die Fluten des Tages

an ewigem Strand.

Schlafe ein wenig!

Stärk Leib und Seele, Kopf und Hand!

Draußen stehen Völker, Häuser, Geister und Herzen in Brand.

Bis nach blutroter Nacht

dein Tag anbricht

halte stand!

Nacht und Stille.

Ich horche.

Nur Schritte und Rufe der Wachen,

eines Liebespaares fernes, verstecktes Lachen.

Hörst du sonst nichts, fauler Schläfer?

Ich höre der eigenen Seele Zittern und Schwanken. Sonst nichts?

Ich höre, ich höre,

wie Stimmen, wie Rufe,

wie Schreie nach rettenden Planken,

der wachenden, träumenden Leidensgefährten

nächtlich stumme Gedanken.

Ich höre unruhiges Knarren der Betten,

ich höre Ketten.

Ich höre, wie Männer sich schlaflos werfen und dehnen, die sich nach Freiheit und zornigen Taten sehnen. Wenn der Schlaf sie heimsucht im Morgengrauen, murmeln sie träumend von Kindern und Frauen.

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