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Wir politischen Häftlinge empfanden diese Einrichtung als eine Entwürdigung. Wir sahen darin eine Niedertracht der$S. Aber keiner von den politischen Häftlingen ging hin. Immerhin wurde das Bordell wöchentlich von zweihundert Mann besucht. Es wurde dann ausgedehnt. auf alle Nationen. Die Mädchen standen somit für alle zur Verfügung. Wenn sonst ein Ausländer mit einem deutschen Mädchen verkehrte, kam er gleich nach Buchenwald . Ich habe gesehen, daß es in Buchen- wald eine ganze Reihe Ausländer gab, die mit deutschen Mädchen Ver- kehr suchten. Im Konzentrationslager Buchenwald war es den Auslän- dern also gestattet, mit deutschen Mädchen zu verkehren.

Es gab wohl keinen Beruf der nicht im Lager vertreten gewesen wäre. Eines Tages kam zum Beispiel das ganze Personal der Warschauer Oper nach Buchenwald . Ein andermal waren es Franzosen . Da diese Menschen unterwegs Fluchtversuche unternommen hatten, wurden sie nur mit einem Hemd bekleidet von Frankreich nach Deutschland transportiert. Sie wurden im Steinbruch eingesetzt.

Unsere deutschen Arbeiter fragten sich: Wo ist die deutsche In- telligenz? Wo sind die deutschen Professoren und Gelehrten? Es war nichts zu spüren, daß die deutsche Intelligenz sich gegen Hitler ge- wandt hatte!

Ein andermal erwirkten wir vom Lagerführer die Genehmigung, auf der Bühne eine Szene aufführen zu dürfen, die die Arbeit im Stein- bruch drastisch darstellen sollte. Wir wollten zeigen, daß es unmöglich ist, einen Ungelernten, für die schwersten Steinbrucharbeiten einzusetzen.

Bei uns galt der Grundsatz: Kamerad, achte in jedem den Menschen! Und nur so war es möglich, durch gegenseitige Hilfe im Lager einen erträglichen Zustand zu schaffen. Nur so war es möglich, daß wir im Lager einigermaßen über die schwere Zeit hinwegkamen. Vor dem Zusammenbruch waren wir noch sechsundfünfzigtausendMann. Wir hatten Vorbereitungen getroffen, um uns zu gegebener Zeit selbst zu helfen. Heimlich wurden Waffen ins Lager geschmuggelt. Eine kleine bewaffnete Gruppe hatte sich im Lager zusammengefunden, und so halfen wir selbst an unserem Befreiungswerk mit. Als wir die amerika- nischen Tanks hörten, warfen wir an drei verschiedenen Stellen die großen Bäume in den elektrisch geladenen Zaun, um einen Fluchtweg zu bekommen. Die führende SS war bereits drei Stunden vorher geflohen. Das Lager war frei, ehe die Amerikaner kamen.