Ach, die großen Straßen der Welt, die erregten Schluch­ten der Städte, es ist schön in ihnen zu gehen unter den Menschen. Die Calle Florida in Buenos Aires , auf der um 5 Uhr der große Korso stattfindet, die kreolischen Da­men, die eleganten, zehntausend Brillanten an zimtfarbe­nen Hälsen, oder der Wenzelsplatz in Prag , oder die Es­planati- Katu in Helsinki , in deren Pavillon die Musik nach­mittags spielt. Die herrliche Maria- Theresienstraße in Innsbruck , auf die die schneebedeckten Berge blicken oder der schöne Platz Vittorio Emmanuelo in Florenz , der som­merliche Jungfernstieg in Hamburg , die Praia in Lissabon , die elegante Kärntnerstraße in Wien , der Limmat - Quai in Zürich , die unvergeßliche Copa- Cabana in Rio , der Kurfürstendamm in Berlin , der Odeonsplatz in München , die Hohe Straße in Köln , und endlich die längste Straße der Welt, der Broadway, von der Battery bis Sing- Sing, die große Passage in Neapel , der Markt in Krakau mit den Tuchlauben, der Strand in London , durch alle bin ich ge­gangen, und in allen wird gelacht, geliebt, gebettelt, ge­stritten und gestorben. Es rollt alles dahin, es stolziert die gealterte Eleganz, die noble Verkommenheit, die bil­lige Verführung, die aschgraue Armut. In diesem Augen­blick, in dem ich hier unten einsam sitze, fliegen Schwär­me von glitzernden Blicken von Gesicht zu Gesicht. Es wird gelächelt, sich abgewandt, genickt. Die flehenden Blicke der Not und des wimpernlosen Vorwurfs, der star­renden Verzweiflung, die satten Blicke der Selbstgerech­tigkeit, des Hasses, des Abscheus, der Bitterkeit, fliegen hin und her. Die Blicke wandern, Millionen von Blicken,

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