Schweigend folge ich dem„Rattenfänger“. So taufe ich ihn heimlich. Das„Taufen“ ist eine haftengeblie- bene Pennälermanie.
Diesmal haben die„Berliner “ offenbar eine neue Kanone ins Feld geschickt. Die polternden und in Wild-West-Manier tobenden„Himmelstoß“figuren un- serer ersten Vernehmungstage— zuweilen wirkten sie recht ulkig in ihrer geistigen Hilflosigkeit— haben mit ihren dürftigen Protokollen vielleicht schlechten Eindruck gemacht und das Feld räumen müssen.
In der„Folterkammer‘— so nennen wir das Ver- nehmungszimmer— sitzt Heinz Kunze, verbummelter Student und SS-Untersturmführer. Kenne ihn vom ersten Verhör in Breda . Vor ihm liegen gewaltige Aktenstöße. Ich erkenne Mappen mit Privatkorrespon- denz und Dokumentationsmaterial aus dem Bredaer Archiv— nach Urteilen von Leuten vom Bau eines der reichhaltigsten und bestgeführten Pressearchive Europas — sowie Zeitschriftenmaterial. T Mehr als fünf Stunden muß ich zwischen„Knüppel”- Kunze und dem„Rattenfänger“ stehend im Kreuzfeuer von Fragen ausharren.„Multa , non multum‘“, gibt Kunze seiner Meinung zum Abschluß Ausdruck. Außer einigen saftigen Kinnhaken, gepfefferten Kopfnüssen und pfeifenden Reitpeitschenhieben bin ich ‚glimpflich abgekommen. Dem„Rattenfänger“-Prolog der Ein- leitung hätten nach den Gesetzen der Dramaturgie blitzende und donnernde Höhepunkte und zuletzt ein Nekrolog folgen müssen. Ich habe wieder eine gründ- liche Lektion im Umgang mit der Gestape hinter min, Im Heiligenkalender hat heute Sankt Jakobus, der Apostel, dessen Gebeine in Compostella so hoch ver-
ehrt werden, seinen Tag. Sein Leben war, wie dasaller
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