heute seine sentimentale Tour. Wenn wir beide allein sind, dann schlage ich dir deine Zähne aus. Darauf kannst du Gift nehmen."
Ich lehnte mich an die Gefängnismauer. Ich war zum Umfallen müde. Ich weinte.
Ich kam in eine Zelle, in der eine Landstreicherin lag, eine kleine, schmutzige, schäbige Frau. In der Zelle war eine fürchterliche Luft.
Ich legte mich auf den Strohsack und schloß die Augen.
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Ich mußte mit einem Todesurteil rechnen. Hatte ich ,, Glück", so erwarteten mich mindestens fünf Jahre Gefangenschaft. Nach Beendigung der Haft wenn es für mich überhaupt so ein Ende gab, erwarteten mich Demütigungen und Repressalien, es sei denn, die Nazis verloren den Krieg! In den letzten Tagen hatte ich die eindrucksvollen Erfolgsmeldungen der Japaner gehört: Pearl Harbour, Singapur ! Wenn es für mich überhaupt noch ein ,, Jenseits der Mauern" gab, so lag es in weiter Ferne.
Ich war Gefangene und hatte das Leben in der Gefangenschaft mit ganzer Aufmerksamkeit zu leben. Mein Leben, meine Aufgaben lagen ausschließlich in dieser Welt. Die Welt ,, jenseits der Mauern" hatte für mich ihre Bedeutung verloren. Ich durfte ihr nicht nachtrauern. Auch mit meinem ,, Fehler", mit meinem unberechtigten Vertrauen zu Hellberg, durfte ich mich nicht mehr beschäftigen. Die Frage, was ich hätte besser machen können, durfte mich nicht beschäftigen. Meine Verhaftung hatte ich als Tatsache hinzunehmen, ohne Selbstvorwürfe, ohne Bedauern.
Neben mir kratzte sich die Landstreicherin beharrlich mit langen Fingernägeln. Ekel schüttelte mich.
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