aufmerksam zuhörte und gelegentlich das Gespräch durch eine kleine Frage anregte. Er bot mir Konfekt und Zigaretten an. Ich nahm, dankte und lächelte. Eine Frau freut sich doch, wenn ein Mann ihr Auf­merksamkeiten erweist!?

Oh ,,, scharmante Dinge" hatte dieser Kerl zu er­zählen: von Juden, die zur Arbeit getrieben wurden, ,, faulem Packzeug", das solange geschlagen werden mußte, bis es bei der Arbeit verreckte! Er war über ihren Arbeitsunwillen ernsthaft empört!- Von einer Abteilung russischer Kriegsgefangener berichtete er, die an Lebensmitteln täglich je Mann vier Kar­toffeln bei schwerer Arbeit erhielten. Bei seiner Abreise seien von hundert nur noch ,, dreißig Stück" am Leben gewesen. So verrückt seien die Kerle gewesen, die Leichen anzufressen! Oh, diese ,, asia­tische Unkultur". Ich lächelte ihn an, damit er noch mehr von seinen Heldentaten erzähle. Aber unter diesem Lächeln stand ein Erschrecken: ich hatte das Gefühl, mein Bewußtsein verwirre sich: Lag ich im Bett? Las ich in der., Eisernen Ferse"? Von Reaktionären in der Maske des Polizeiagenten als beifallspendende Zeugen von Folterungen? Oder saß ich hier wirklich im Zuge und horchte diesen brutalen Kerl aus? Es vermischten sich Jack Londons Visionen und meine Wirklichkeit zu einem grau­sigen Spuk.

An der Grenze

Als ich in Freiburg ankam, war es frischer Morgen. Der Spuk der Nacht verschwand. Ich war hellwach und tat meine Pflicht. Ich kaufte General­stabskarten ein. Dann fuhr ich mit einem Autobus zur Grenze. Nach längeren Untersuchungen kam ich zu dem Ergebnis, daß sich der Grenzübertritt der Genossen wohl am besten bei Pfützen durchführen ließe. Nach Berichten der Bevölkerung waren noch

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