gegenüber, über seine Erlebnisse. Desto lauter sprach seine Veränderung. Er lehnte jede Beschäfti­gung mit politischen Fragen ab. Er erklärte mir: ,, Die deutsche Arbeiterbewegung ist tot. Lumpen machen die Politik. Wir törichten Idealisten sind immer nur das Kanonenfutter bei den Auseinander­setzungen der großen Räuber. Wir tun gut daran, sie ihre Streitigkeiten allein austragen zu lassen."

Es läßt sich in einer Ehe nicht verbergen, wenn man politisch arbeitet. Eines Abends ließ mein Mann mich nicht aus dem Hause. Er verschloß die Tür, packte mich an den Haaren und schlug mich: ,, Du bleibst hier!"

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Es war seltsam: ich habe ihm sein Verhalten nicht übelnehmen können. Ich fühlte die dahinter­stehende Qual, seine Angst um mich.

Eines Tages sagte er: ,, Ich werde dich bei der Gestapo anzeigen! Jetzt bekommst du vielleicht ein oder zwei Jahre Gefängnis. Wenn dieser Blöd­sinn fortdauert, kostet er dir den Kopf. Du sollst aber leben, mit mir zusammen leben!"

Ich antwortete ihm nicht. Drei Tage später zog ich von ihm fort. Die letzte enge persönliche Bin­dung wurde damit gelöst. Jahre kühler, diszipli­nierter Einsamkeit begannen: die einzigen Freunde waren die Gefährten der illegalen Ar­beit, Menschen, die man nur selten, nur unter Vor­sichtsmaßregeln sah. Die Zeit des Zusammenseins galt ausschließlich der gegenseitigen Berichterstat­tung, der Information, der Sache.

Wer diese Seite der illegalen Arbeit, des Lebens unter dem Faschismus nicht selbst mitgemacht hat, kann nicht ahnen, wie schwer sie war. Vor fast allen von uns, die wir illegal arbeiteten, stand dieses menschliche Problem. Manch einer der Kameraden ging durch seine Ehe, durch seine Verwandten,

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