nahme waren, sondern daß wir nur allgemein und sozu- sagen nach der Statistik von einer Verfügung ergriffen wurden: der Ausweisung aller polnisch-jüdischen Staats- angehörigen aus dem Reich.

Gegen Abend wurden wir auf Lastwagen verladen und zur Stadt hinaus gefahren. Es war noch nicht die Reise nach Polen . Es war nur die Fahrt ins Gefängnis. Vor dem Gefängnistor von Stadelheim setzte man uns ab. Es waren wohl tausend Menschen, die von den ein- zelnen Polizeirevieren hierher gebracht wurden, und ein dichter Polizeikordon sicherte den Platz vor der Strafanstalt. Ich war noch niemals in einem Gefängnis gewesen, und ich hatte mich auch nie mit dem Gedanken beschäftigt, wie es wohl sein würde, wenn man verhaftet wird. Den meisten von uns ging es wohl ähnlich wie mir. Aber lag es an unserer Zeit oder lag es daran, daß wir Ähnliches schon im Film gesehen hatten, wir fügten uns alle mit großem Geschick in die Gefängnisordnung, stellten uns geduldig in einer Reihe auf und marschierten brav hintereinander von Tor zu Tor, von Gitter zu Gitter, die vor uns geöffnet und hinter uns geschlossen wurden. Schließlich gelangten wir in einen großen, breiten Gang, der zu beiden Seiten von einer langen Reihe von Einzel- zellen flankiert wurde. Bei all seiner peinlichen Reali- stik hatte der Vorgang etwas Unwirkliches und Traum- haftes. Das Heer der Wärter übernahm die Herde der Verlorenen. Die meisten Wärter benahmen sich wohl korrekt und waren nur von gewohnter amtlicher Mit-

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