fassenden Urteilsbegründung geht eine strenge ethische Linie. Zusammengefaßt ergeben alle diese Dokumente ein historisch außerordentlich bedeutsames Werk, aus dem jeder Deutsche und das gesamte deutsche Volk Lehren ziehen können. Deshalb werden auch die Dokumente dieses Prozesses, wie sie hier zusammengefaßt sind, kaum mehr aus der Literatur über die faschistischen KZ-Lager, wie überhaupt aus der Literatur über das Wesen und Sein des deutschen Faschismus wegzudenken sein.
Die Straffheit, welche die rasche Durchführung des Sachsenhausen-Prozesses ermöglichte, hob die Sachlichkeit, verminderte aber keinesfalls die loyale Verhandlungsfüh- rung. Im Gegenteil, den 16 Angeklagten waren nicht nur alle Mittel und Wege einer freien, uneingeschränkten Verteidigung in die Hand gegeben, sie wurden darüber hin- aus vom Militärtribunal in die allgemeinen Anstandsregeln so sehr einbezogen, daß manchen ehemaligen Häftling von Sachsenhausen Bitterkeit übermannte, wenn er diese Art mit der menschenunwürdigen Behandlung verglich, die er selber jahrelang von seinen Peinigern hatte erdulden müssen.
Schon allein das Äußere der Angeklagten löste Über- raschung aus, als sie das erstemal in den Gerichtssaal ge- führt wurden. Sie trugen, soweit sie früher der SS ange- hörten, tadellose Uniformstücke ohne Rangabzeichen; die drei übrigen waren in saubere Zivilsachen gekleidet. An- fangs saßen sie noch stumm, scheinbar teilnahmslos in der Anklagebank, aber bald tauten sie auf, folgten mit wachsen- dem Interesse den Verhandlungen, und als sie mit den Ver- handlungsnormen vertraut gemacht worden waren— sie konnten jederzeit schriftliche oder mündliche Anträge an das Gericht stellen und waren berechtigt, an jeden Mitange- klagten wie an jeden Zeugen Fragen zu stellen—, machten sie von diesen Rechten eifrigst Gebrauch. Sie machten sich Notizen, unterhielten sich angelegentlich mit ihren Ver- teidigern und griffen immer wieder von sich aus in die Ver- handlung ein. Entsprechend ihrem Wesen ließen sie sich dabei gehen, wurden des öfteren frech und anmaßend, was sogar so weit ging, daß der Angeklagte Schubert, der oft
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