,, Jod ist auf dem Nachttisch", sagte ich zu Lernau und wandte mich an Steffie.

,, Nicht weinen", bat ich und brach ab. Nein, ich konnte sie nicht trösten, zu trostlos sah es in mir selber aus.

,, Doch", rief ich ihr zu und war in meinem Schmerze ent­zückt von ihrer raschen, leidenschaftlichen Handlung. ,, Doch, weine! Weine, es gibt Grund genug. Schrei, schrei, daß man dich hört!"

Lernau hatte den Vorhang zu dem kleinen Nebenraum zu­rückgeschoben, in dem mein Bett stand. Er ließ Wasser über seine Hand laufen, um die Wunde zu kühlen.

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, Weine", sagte ich zu Steffie ,,, verbirg deine Tränen nicht. Weine, wenn du nichts anderes tun kannst..."

"

Meine Hände lagen auf ihren zitternden Schultern, faltige Hände, dunkel behaart und von dicken Adersträngen durch­zogen, in denen das Blut nur noch müde floẞ.

Lernau drehte den Wasserhahn wieder zu und trat in das Zimmer zurück.

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Noch immer rieb er sich die linke, verletzte Hand. Die blon­den Haare hatte er mit Wasser befeuchtet und zurückge­kämmt, so daß die Stirn bloẞ lag, sein Gesicht war nackt. früher oder später", sagte er ,, Du wirst es bereuen trocken. Steffie richtete sich auf und ließ sich von ihm aus dem Atelier ziehen. Von der Tür her sah sie mich noch ein­mal mit einem traurigen, bedeutungsvollen Blick an. Ich hörte ihre Schritte auf der hölzernen Treppe verklingen.

Was in aller Welt hatte ich getan? Wieso war ich nur dazu gekommen, auszusprechen, was man verschweigen mußte? Ich hatte eine kleine Rente und war unabhängig. Auf Auf­träge war ich nicht angewiesen, und ich konnte mein Leben für mich führen. Wozu mußte ich mich nun auf meine Art in das einlassen, was Lernau die Welt nannte?

Ich hatte geredet, wie Ullmann gesprochen hatte an jenem

5 Kunigunde

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