Matthießen lustlos und stierte vor sich hin. Er hatte Heim­weh. Er dachte an des Vaters Bauernhof in der Holsteinischen Marsch. Der Bruder hatte ihn geerbt, weil er älter war. Und weil er den Hof geerbt hatte, war er auch noch vom Militär­dienst befreit worden. Glück mußte der Mensch eben haben. Matthießen war melancholisch, ihm schmeckte der Fusel nicht, der in der Kantine zum Ausschank kam. Enzianschnaps und Münchner Hofbräu waren besser gewesen. Von den alten Zeiten begann er zu sprechen, von den fröhlichen Zeiten, die sie miteinander im Lager Dachau verlebt hatten und später im Lager Buchenwald .

Peter Kluge hatte ganz andere Dinge im Sinne und meinte verächtlich: ,, Wie kannst du das vergleichen! Kinderspiel­plätze waren das!"

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Wer denkt nicht gern an seine Jugend zurück!" meinte der Holsteiner. ,, Es ist ja richtig, hier herrscht Massenbetrieb. Aber man kommt dabei nicht auf seine Kosten."

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Gerade du mußt das sagen! Du bist doch am besten dran!" rief Peter Kluge und wollte rasch von dem Geld spre­chen, das er brauchte. Matthießen schüttelte eigensinnig seinen kantigen Bauernschädel.

,, Wenn ich mir so überlege", erklärte er. ,, Erinnerst du dich noch an den kleinen Juden in Dachau ? Silberspitz, Silberstamm na, ich komm nicht mehr auf den Namen. Du weißt schon, wen ich meine, den Kleinen, der mir immer die Stiefel sauberlecken mußte. Einmal hab ich ihn einen ganzen Tag lang an der Hundeleine herumgeführt und hab ihn das Gras vor den Baracken fressen lassen."

Nun mußte Kluge doch lachen.

,, Es war so trocken", erinnerte er den Freund. ,, Vier Wochen lang kein Tröpfchen Regen. Und dann kam Sandler und sagte:, Wenn nur ein Hund Gras fressen würde, damit's endlich einmal wieder regnet.""

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