Auch ich konnte kein Wort herausbringen. Ich ging in unser Zimmer und warf mich aufs Bett. Ich schloß die Augen. Ich verstand die Not, die Verzweiflung und die Anklage in ihrem Blick, und es zog mir das Herz zusammen. Ich liebte sie doch; daß ich ihr wehtun mußte, schmerzte mich. Ich konnte nicht mehr ertragen, wie Geheimnis und Mißtrauen uns trennten. An diesem Abend war ich bereit, ihr alles zu sagen. Doch als sie sich dann zu mir ins Bett legte, war mit einemmal der Schreck der vergangenen Nacht wieder wach in mir, die Angst des Gejagtseins, die Angst vor Gefängnis, Marter und Tod, die Angst, das Leben zu verlieren. Des Lebens Schönstes war sie, die da neben mir lag mit grauen Augen und halb geöffnetem Mund. Ich klammerte mich an sie, ich umarmte sie. Vergeblich wehrte sie sich gegen meine verzweifelte, lebensgierige Leidenschaft. Ich glaube, es war in dieser Nacht, daß ihre Liebe in Haß umschlug. Auch das sind ja nur Worte. Im Grunde liebte sie mich weiter, wie ich sie liebte. Was es so schlimm machte, war etwas anderes. Daß ich bereit gewesen war, ihr alles zu sagen, stimmte mich mir selber gegenüber mißtrauisch. Ich mußte mich also vor Käthe hüten. Ich wurde noch verschlossener, noch kälter, noch fremder zu ihr, legte noch ein paar Meilen Unendlichkeit zwischen sie und mich. Das war wohl die schwerste Zeit. Dieser Zwang machte mich innerlich unsicher. Mein Schlaf wurde unruhig, Träume quälten mich. Ein paarmal weckte Käthe mich auf, weil mein Stöhnen und Schreien sie nicht zur Ruhe kommen ließen. So war es mir ganz lieb, als sie schließlich eine Matratze aus der Wohnung ihres Vaters holte und von nun an in der Küche schlief. Sie schien sich damit abgefunden zu haben, daß unser beider Leben auseinanderlief, wie ein Fluß in seinem Lauf sich teilt, wenn er auf ein Hindernis stößt. Aber es war nicht so.
3*
In dieser Zeit hatte ich eines Tages auf einem meiner
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