Er hatte zwar Verständnis für die Brotdiebe, die sich aus Hunger an fremdem Eigentum vergriffen, aber für die Diebe aus egoistischer Gleichgültigkeit für die Nöte der Leidens- gefährten kannte er keine Gnade. Jeglicher Fanatismus lag ihm dabei fern. Allerdings trug er seinen Mithäftlingen gegen- über im allgemeinen eine kühle Gleichgültigkeit zur Schau.

Die„grünen“ Berufsverbrecher waren in seinen Augen moralisch minderwertige Subjekte, denen gegenüber er nicht die gleiche Solidarität und Kameradschaft wahrte, wie gegen- über den politischen Häftlingen. Von diesen verlangte er keineswegs, daß‘ sie mit seinen kommunistischen Anschau- ungen sympathisierten. Daß jemand aus politischen Gründen im Lager war, genügte vollständig, um ihm seine Achtung zu sichern. Parteifreunde oder Zellenführer, die sich zwar als Kommunisten ausgaben, aber sich durch nichts anderes von den so verabscheuten Kapitalisten unterschieden, als daß sie selbst gern die Drahtzieher bei der Ausbeutung ihrer Mit- menschen gewesen wären, die tat Wolf spöttisch lächelnd ab: Das sind nicht die Richtigen! Für Homosexuelle und Per- verse, als die sich viele Kommunisten unverhohlen und so deutlich bekannten, daß man bei ihnen'keine Spur mehr von der alten These J. J. Rousseaus entdeckte, daß nur der Mensch und seine angeborenen Neigungen von Natur aus gut seien, für die zeigte er nur üunverhüllte Verachtung.}

Im übrigen war Wolf ein Mensch wie die,meisten anderen auch. Anwandlungen von Eitelkeit und Mißgunst, von denen der Verfasser der„Nachfolge. Christi“ schreibt, daß Sie niemanden in der Welt verschonen, war auch er unterworfen;, auch er war von seinem achtjährigen Aufenthalt in Gestapo - Gefängnissen und Konzentrationslagern geistig und seelisch mitgenommen, sein Magen war krank und sein Körper durch Rheumatismus steif geworden. Aber was für ein Drang nach Gerechtigkeit brannte in dieser äußerlich so unbedeutenden Gestalt! Fritz Wolf mußte den Ruf seines Gewissens teuer bezahlen. Infolge von allerlei Intrigen wurde er als„Block- ' ältester‘ abgesetzt und erhielt neben der üblichen Ration von 295 Hieben mit der neunschwänzigen Katze weitere Schläge, die ihm einen Backenknochen zerschmetterten.

Vereinsamt siedelte er in Baracke 6 über und ging als Zwangsarbeiter an die Elbe . Er war zwar gedemütigt, aber keineswegs verbittert. Und nur noch bescheidener in seinen

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