waren und nun von Hein in seinen Stiefelhacken versteckt wurden. Das sollte ihm zum Verhängnis werden. Er verkaufte nämlich seine Stiefel, die er sich früher von Köln hatte schicken lassen und die er als Stubenältester nicht mehr so unbedingt brauchte. Die Stückchen Silber und Gold brachte er nun in seiner Tasche unter. Nicht lange danach wurde Hein zum Arbeitskommando in der Effektenkammer versetzt, eine Auszeichnung, die ihm jeder gönnte, die ihm aber zum Unglück wurde. Denn kurz darauf hielt ein Aufseher von der SS Revision und fand die Konterbande unter Heins Sachen. In diesem Kommando wurde kein Unterschied"gemacht, ob jemand wirklich gestohlen hatte oder dieser Missetat nur verdächtig war, und Hein kam„in den Strafrapport“. Wegen Besitzes verbotener Gegenstände mußte er zunächst einmal den ganzen Tag ohne Essen, vor dem Eingangstor stehen. Der „Diebstahl“ aus der Effektenkammer würde ihm ein Jahr „Strafkompanie“ einbringen.
Hein versuchte, sich zu verteidigen und gab auch mich als Zeugen an. Ich wurde nicht verhört, mein Name wurde jedoch'notiert. Nach einigen Wochen, im Januar 1943, sollte ich mit einer Ladung Russen im Güterwagen nach dem be- rüchtigten Kommando von Wittenberge abgehen, wo ich bei der: Errichtung einer neuen Nährhefe-Fabrik als Hilfsarbeiter nicht nur meine Zeit, sondern auch meine gesunden Glieder opfern sollte. Nach elf Monaten etwa kam ich nach Neuen- gamme zurück und bekam Hein beim Appell zu Gesicht, aus- gemergelt und zermürbt. Am Tage meiner Entlassung sollte seine Strafzeit von Rechts wegen zu Ende sein, aber er kam dann ins Konzentrationslager Mauthausen bei Linz , wo, wie man mir schon in Wittenberge erzählt hatte, nur Handwerker auf eine Art von Zwangsarbeit rechnen konnten, die nicht allzu unerträglich war. Alte Füchse wie Heinrich Schweiger konnten viel vertragen und aushalten; mehr als einmal wurden solche Verdienste durch eine Chance zur Flucht belohnt, bei der man sagen kann, daß die Vorsehung dabei im Spiele war. Vielleicht sehe ich ihn doch noch einmal in Seraing .'
Ebenfalls ganz anders als Raddatz, aber ebenfalls Träger einer geistigen Haltung, an der die rohe Gewalt in jeder Form zuschanden wurde, war Fritz Wulf, ein Kommunist aus Bremen , den ich im ersten Vierteljahr 1942 als Blockältesten in Baracke 9 kennen lernte und später als„Kapo “ in
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