der Bewegung selbst. Ohne Rücksicht auf die Erfolge der Arbeit und oft sogar auf Kosten dieser Erfolge.
Sich nicht zu bewegen, hieß Sabotage treiben und wurde dementsprechend bestraft, selbst wenn die Ruhe nur dazu gedient hatte, zum Besten der auferlegten Arbeit frische Kräfte zu sammeln. Die Mittel wurden zum Ziel, und das: Ziel wurde den Mitteln geopfert. Arbeit wurde zur Bewegung um der Bewegung willen.
Wenn wir zur Winterszeit im Klinkergelände den ganzen unbarmherzig langen Tag geschuftet hatten, und wenn dann vielleicht in der letzten Stunde kein Waggon mehr vollzu- laden war, auch dann fanden die durch Müdigkeit, Hunger und Kälte völlig erschöpften Glieder noch keine Ruhe. Nein, dann, und das wiederholte sich täglich, dann mußten Abfälle aufgesammelt und auf-einen Haufen getragen werden, um gleich wieder zerstreut und dann von neuem gesammelt und aufgeschichtet zu werden. Ohne Gnade!„Denn Bewegung muß sein!“
Wenn wir auf die Waggons mit Rohstoffen für die| Nährhefe-Fabrik Wittenberge warten mußten, um sie dann im Eiltempo abzuladen— denn Eisenbahn-Waggons waren kostbare Objekte, die auch nicht für eine Stunde ungenutzt bleiben durften— dann mußten wir gewöhnlich schon lange vorher dastehen, um die Ankunft dieser vornehmen Gäste zu erwarten, aber wir durften es uns nicht etwa bequem machen oder uns darauf vorbereiten, die Arbeit mit frischer Kraft verrichten zu können.„Bewegung muß sein!“ obwohl die Häftlinge oft am Rande ihrer Kraft waren, gerade wenn es für sie darauf ankam, recht leistungsfähig zu sein.
Wenn„Zugänge“ oder„Abgänge“, Neuankömmlinge oder solche, die irgendeinem Transport zugeteilt waren, für einige Tage in einen besonderen„Block“ gesperrt wurden, dann durften sie sich dort nicht etwa hinsetzen oder still stehen bleiben, obwohl es völlig ausgeschlossen war, irgendeine ver- nünftige Beschäftigung zu finden. Dann hieß es„Betten. bauen!“, die Strohsäcke äusschütteln und die Decken. sorg- fältig darüber breiten. Wenn das geschehen war, mußte es noch ein paar mal wiederholt werden, weil die Decken doch ‚nie so glatt lagen wie die Bespannung eines Billardtisches,- dem unerreichten Vorbild des deutschen Bettenbaues.
War schließlich überhaupt nichts mehr an den Ergeb- nissen dieser Lagerübung auszusetzen, dann wurden die
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