ganzen Tag aus, rechtfertigte allein noch das individuelle Weiterleben, war das einzige Gegenmittel gegen den Lebens- trieb des Menschen, sowie die"Grundlage und gleichzeitig auch der Maßstab für die Lebensmittelrationen und aus- nahmslos alle anderen Lebensäußerungen und Funktionen.

Wegen dieser Arbeit mußte man den Häftlingen Essen geben, und eben deswegen war das Vorenthalten oder der Diebstahl einer Tagesration ein ernstes Vergehen. Aber mehr Verpflegung oder gar bessere Verpflegung auszugeben, als unbedingt zur Erhaltung der Arbeitsfähigkeit notwendig war, verstieß in ‚gleicher Weise gegen die Ordnung. Um dieser Arbeitsleistung willen sorgte man in gleicher Weise für: Klei- dung, Unterbringung, Verhütung ansteckender Krankheiten und für eine primitive Fürsorge zur Verhinderung oder wenigstens Verzögerung von Arbeitsunfähigkeit. Aber wieder nicht mehr oder gar.besser als unbedingt nötig war, wenn man immer eine genügende Menge von Arbeitskraft zur Ver- fügung haben wollte. Für das, was an Menschenleben außer- halb und über die zum Arbeitseinsatz benötigte Menge übrig blieb, trat automatisch dasVernichtungslager in Aktion. Daher kam es, daß man im Konzentrationslager außer einer Art Feldlazarett,, dem Revier, keinerlei soziale Fürsorge . brauchte. Zum Arbeiten war keiner zu alt, und wer schließlich doch arbeitsunfähig wurde, derstarb schnell genug aus Man- gel an Pflege und Beistand.

Die Unsinnigkeit, die mit dieser Schändung des Begriffes menschliche Arbeit verbunden war, verzerrte sich so zur abstoßenden Fratze des Aberglaubens, ja gleichzeitig des Götzendienstes.

Die rein mechanische Arbeit war nicht nur dasA und dasO des Häftlingsdaseins, sie wurde überhaupt die Seele seines Daseins, wie eben Bewegung die' Seele jeden körper- lichen Kraftaufwands ist. Deshalb mußte auch dann gearbeitet werden, wenn überhaupt keine Arbeit vorhanden war.

Immer und immer wieder klang es aufweckend und mah- nend, anstachelnd und quälend durch das Lager:Bewegung, Bewegung, bewegt euch bloß, bewegt euch bloß! Wie unauf- hörliche Peitschenhiebe auf die erschöpften und widerwillig gewordenen Muskeln!

Nicht etwa im Hinblick auf die Ergebnisse der Arbeit! Nein, sondern wegen der ständigen Kraftanspannung, wegen