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wenigen Monaten hinsiechen und sterben, und als ich nach zwei Jahren wieder freigelassen wurde, hieß es, daß bereits über 70 Prozent von diesen Holländern, Flamen und Wallonen umgekommen waren. Von den tausend Russen, die an einem Wintertag des Jahres 1941 als Kriegsgefangene durch das Gittertor marschierten es war ein stattlicher Anblick, diese kräftigen jungen Burschen in ihren gut sitzenden erdbraunen Uniformen langsam und würdig nach ihrer Abteilung ,, Kriegsgefangenenlager" schreiten zu sehen- von diesen tausend war nach einem halben Jahr höchstens noch ein Drittel am Leben. Täglich, wenn der immer mehr zusammenschmelzende Trupp vom Elbekommando zurückkam, brachten sie ihre toten oder sterbenden Kameraden mitgeschleppt. Schließlich wurde das Kriegsgefangenenlager, das aus zwei isolierten Blocks in der Mitte des Barackengeländes bestand, geschlossen, und der Rest der Gefangenen wurde zusammen mit neuen Transporten von Russen auf die übrige Belegschaft aufgeteilt, um in der gewöhnlichen ,, Sträflingsuniform" oder dem, was dafür gelten sollte, gemeinsam mit den anderen Häftlingen den Todesgang nach der Elbe, dem Klinkergelände und der ,, Fertigungsstelle" anzutreten.
Ende Dezember brach im Lager Typhus aus. Als auch einige SS - Männer dieser Seuche zum Opfer gefallen waren, erwies es sich als notwendig, eine Quarantäne zu verhängen. Hunderte von Häftlingen erlagen der Krankheit. Aber diese Monate Isolierhaft in den Baracken mit herabgesetzten Brotzuteilungen und zermürbender Langeweile inmitten überreizter Häftlinge, während überall Krankheitsherde aufflackerten, bedeuteten noch eine wahre Oase im Vergleich zu der Zeit, die dann kommen sollte. Den Häftlingen, die durch den Müßiggang verweichlicht worden wären, sollte endlich mal wieder klar gemacht werden, was ein Konzentrationslager bedeutete. Die ,, Kapos" und Vorarbeiter erhielten Anweisung, strengstens durchzugreifen, wenn sich irgendwo Anzeichen von Schlappheit oder Faulheit bei der Arbeit bemerkbar machten. Und kein Tag verging mehr, der nicht eine ganze Reihe schwerster Mißhandlungen gebracht hätte. Wieder kamen in kurzer Zeit Hunderte von Häftlingen ums Leben.
Unser alter Ernst Sauer, der ,, Kapo " in der Kartoffelschälküche, ein ,, Grüner ", ein Berufsverbrecher also, aber ein Mann, dessen Güte und Anständigkeit seine Abreise im Herbst
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